Der international viel beachtete Künstler Tomás Saraceno ist erstmals mit einer grossen Einzelausstellung in der Schweiz zu sehen.

Mit seinen raumfüllenden Installationen, die an der Schnittstelle von Kunst, Architektur und Naturwissenschaft entstehen, befragt Tomás Saraceno künftige Formen eines «mehr als menschlichen»* Zusammenlebens. Seine künstlerischen Recherchen können als Beitrag zur Optimierung ökologischer und sozialer Beziehungen verstanden werden. Der diplomierte Architekt und ehemalige Meisterschüler von Thomas Bayrle an der Frankfurter Städelschule lebt heute in Berlin, wo er mit seinem Team an hoch spannenden Projekten arbeitet.

Der Trailer zur Ausstellung

Tomás Saraceno versteht sein disziplinübergreifendes Schaffen als künstlerische Forschung, mit der er die Idee einer «realisierbaren Utopie» verfolgt. Inspiriert von physikalischen und biologischen Phänomenen – etwa der Thermodynamik der Atmosphäre oder den Strukturen von Spinnennetzen – entwickelt er in Zusammenarbeit mit entsprechenden Fachleuten, darunter Biologen, Ingenieure und Architekten, aufsehenerregende Werke: Riesige luftgefüllte Skulpturen, die nur dank der Sonneneinstrahlung und der Infrarotstrahlung der Erdoberfläche schweben, oder ebenso spektakuläre wie filigrane Netzstrukturen. Seine visionären Projekte erlauben einen Brückenschlag zu den russischen Konstruktivisten und Suprematisten: Schon Kasimir Malewitsch und El Lissitzky verfolgten die Idee fliegender Städte. Als Reaktion auf globale ökologische und gesellschaftliche Herausforderungen sind Saracenos Arbeiten als Modelle zukünftiger, nachhaltiger Lebensformen zu verstehen.

Die Ausstellung im Museum Haus Konstruktiv widmet sich einerseits den neuesten Arbeiten und Experimenten aus Saracenos Projekt «Aerocene», dem Zeitalter der Luft: Gezeigt werden verschiedene schwebende Skulpturen, die weder auf fossile Brennstoffe und Edelgase noch auf Solarzellen angewiesen sind, sondern allein aufgrund der Thermik um die Welt fliegen können. Neben dem «Aerocene»-Projekt werden auch Spinnen und Netzstrukturen ausgestellt. Seit mehr als zehn Jahren untersucht Saraceno dieses Themenfeld mit Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen. In Zusammenarbeit mit Arachnologen hat er in seinem Studio offene Rahmenkonstruktionen errichtet, die rund 300 Webspinnen beherbergen. Saraceno lässt Spinnen auf die Netze anderer Spinnenarten stossen und beobachtet die Entstehung neuer, hybrider Netzstrukturen, die ihn vom Konzept her an hypermoderne Stadtlandschaften oder an die wabenartige Struktur des Universums erinnern.

Zur Ausstellung, die in Kooperation mit dem Wilhelm-Hack-Museum in Ludwigshafen am Rhein entstanden ist, ist ein Katalog im Verlag der Buchhandlung Walther König erschienen – mit Texten (d/e) von Heather Davis, Philip Ursprung, René Zechlin und einem Gespräch zwischen Tomás Saraceno, seinen Mitarbeitern Saverio Cantoni und Roland Mühlethaler, und Sabine Schaschl. Erhältlich in unserem Shop.

* «Mehr als menschlich» (engl.: ‹more-than-human›) umschreibt die Herangehensweise mehrerer Disziplinen, die aus der Kritik am Anthropozentrismus und an modernen Konzepten des Humanismus hervorgegangenen sind. Nicht menschliche Lebewesen, lebendige und nicht lebendige Materie werden demnach in ethische und politische Betrachtungen einbezogen.

Nähere Infos zur Ausstellung: www.hauskonstruktiv.ch

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