Ein Blick auf Rico Puhlmanns beeindruckendes Lebenswerk
Die Ausstellung „Rico Puhlmann. Fashion Photography 50s – 90s“ im Berliner Museum für Fotografie bietet einen umfassenden Einblick in das vielseitige Schaffen des Berliner Modefotografen und Illustrators. Über vier Jahrzehnte hinweg prägte Puhlmann mit seinen Zeichnungen und Fotografien die Bildsprache renommierter Modemagazine wie „Brigitte“, „petra“, „Constanze“ sowie international „Vogue“, „Harper’s Bazaar“, „Glamour“ und „GQ“. Vor seiner Kamera posierten die bekanntesten Models ihrer Zeit: Gloria Friedrich und Gitta Schilling, Cheryl Tiegs und Jerry Hall, Cindy Crawford und Naomi Campbell. Seine Werke zierten zahlreiche Titelbilder und füllten Doppelseiten in den Magazinen.
Seinen Einstieg in die Modewelt fand Puhlmann als Illustrator in seiner Heimatstadt Berlin. In den Nachkriegsjahren erlebte die Berliner Modeszene einen neuen Aufschwung. Puhlmann wurde bald von Modehäusern engagiert, um deren Entwürfe nicht nur zeichnerisch, sondern zunehmend auch fotografisch umzusetzen. Gemeinsam mit Fotografen wie F. C. Gundlach, Regi Relang und Helmut Newton prägte er das Bild der westdeutschen Mode um 1960.
Die Mode der 1960er-Jahre war geprägt von Op- und Pop-Art, Raumfahrteuphorie und dem Londoner Swinging Sixties-Stil. Diese Trends beeinflussten nicht nur die Kleiderformen und Stoffmuster, sondern auch die Modefotografie. Redaktionen schickten Fotografen zunehmend an entlegene Orte, um neue Bildwelten zu erschaffen. Fortschritte in der Technik wie Blitzlicht, Farbfilm und Polaroid erweiterten dabei die gestalterischen Möglichkeiten.
Mit dem Niedergang der gehobenen Berliner Modeindustrie entschied sich Puhlmann 1970 für einen Neuanfang in New York. Dort fand er rasch Anschluss: Magazine wie „Glamour“ und „Harper’s Bazaar“ zählten bald zu seinen Auftraggebern. Parallel dazu drehte er Modefilme für das „Modejournal“ des Senders Freies Berlin und trug damit maßgeblich zur Etablierung des „American Look“ in Europa bei.
In New York avancierte Puhlmann Mitte der 1970er-Jahre zum gefragten Modefotografen. Seine Bilder erzählen von Freiheit und Spontaneität. Starre Posen und kultivierte Großstadtszenen wichen natürlicher Bewegung und ungekünstelter Nähe. Besonders in Cheryl Tiegs und Patti Hansen fand Puhlmann ideale Partnerinnen, um dieses neue Lebensgefühl fotografisch umzusetzen.
Bis Anfang der 1990er-Jahre arbeitete Puhlmann kontinuierlich für „Harper’s Bazaar“ und trug mit seiner Bildsprache zu einem veränderten Frauenbild bei, das sich durch Selbstbewusstsein und Unabhängigkeit auszeichnete. Ab 1980 erhielt er zudem Exklusivaufträge für die „Fashions of the Times“, ein Modemagazin der „New York Times“. Mit feinsinniger Bildsprache dokumentierte er dort auch das neue Selbstverständnis des modernen Mannes.
Der Arbeitsprozess Puhlmanns wandelte sich im Laufe der Jahre. In den frühen Jahren bestimmte er nahezu alle Aspekte seiner Fotoshootings selbst – von der Modelauswahl bis zur Bildkomposition. Später war er Teil immer größerer Teams aus Redakteuren, Stylisten und Visagisten.
Rico Puhlmann verstarb 1996 bei einem Flugzeugabsturz. Ein Bildband über sein Werk war bereits in Planung, und auch eine Rückkehr nach Berlin als Hochschuldozent stand zur Debatte. Trotz seiner langjährigen Karriere hatte Puhlmann bis zuletzt neue Ideen und Ziele.
Die Ausstellung präsentiert Exponate aus dem umfangreichen Werkarchiv Puhlmanns, das von seinem Bruder Klaus Puhlmann und dessen Frau Anne betreut wird. Kuratiert wird die Schau von Dr. Britta Bommert, Leiterin der Sammlung Modebild der Kunstbibliothek in Berlin, und Hans-Michael Koetzle aus München. Begleitend erscheint ein umfangreicher Katalog mit Beiträgen von namhaften Autorinnen und Autoren aus der Kunst- und Modewelt.
Mehr unter: www.smb.museum