Werner Feiersingers Interesse spannt sich von der Architektur Le Corbusiers über die italienische Nachkriegsmoderne bis zur minimalistischen Skulptur. Seine fotografischen Arbeiten und skulpturalen Werke nähern sich diesem Themenkomplex weniger investigativ als mit einer faszinierten Neugierde an, die sich ebenso auf die abstrakte Form wie auf deren funktionale Komponente richtet. Auch die gemeinsam mit seinem Bruder Martin Feiersinger veröffentlichten Publikationen „Italomodern“ bilden ein subjektives Kompendium experimenteller und expressiver Architektur aus Norditalien, das bekannte wie unbekannte Bauten einer von Optimismus geprägten Ära vorstellt.
Im Gespräch mit Vanessa Joan Müller stellte Werner Feiersinger am 5. Oktober 2016 in der Kunsthalle Wien Museumsquartier seine Auseinandersetzung mit der Moderne vor.
Zur Ausstellung „Beton“
In den 1950er und 1960er Jahren galt Beton als Inbegriff der Moderne. Sogar ein eigener, auf das Material Beton bezogener Baustil etablierte sich, der so genannte Brutalismus (benannt nach dem französischen Wort für Sichtbeton: béton brut). Brutalistische Architektur zeichnet sich nicht nur durch eine expressive Verwendung von Beton aus, sondern auch durch eine deutliche soziale Komponente. Sie steht für sozialen Wohnungsbau, für kommunale Bildungseinrichtungen, für Kulturzentren, für Universitäten. Diese Architektur zielte explizit auf eine Veränderung der Gesellschaft ab; sie ist gewissermaßen Form gewordene Utopie. Heute sind viele Gebäude der damaligen Zeit vom Abriss bedroht und ihre Zielsetzung gilt als gescheitert. Angesichts dieser dystopisch verfärbten Moderne arbeitet die bildende Kunst noch einmal ihre ursprünglichen Ideen heraus, ihre Euphorie, aber auch ihr Scheitern. Nicht aus nostalgischer Sehnsucht heraus, sondern als Erinnerung daran, dass Architektur einmal mehr war als nur umbauter Raum und Beton nicht nur ein Baustoff ist, sondern ein historisch wie ideologisch aufgeladenes Material.
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