Sirah Foighel Brutmann und Eitan Efrat
Orientation
2015, 12 Minuten

Orientation richtet den Blick auf zwei Orte – die öffentliche Skulptur White Square zum Gedenken an die Gründerinnen von Tel Aviv und den Schrein des palästinensischen Dorfes Salame im heutigen israelischen Kafar Shalem – und damit auf die Fähigkeit von architektonischem Material sowie von Ton und Bild, kollektive Vergesslichkeit zu registrieren. 1989 stellte der israelische Bildhauer Dani Karavan seine Skulptur White Square fertig. Das Werk wurde von der Stadtverwaltung in Tel Aviv in Auftrag gegeben. Am Ende des Bauprozesses beschloss Karavan, die Skulptur den Gründerinnen von Tel Aviv zu widmen – darunter seinem Vater Abraham Karavan, der ab den 1930er-Jahren vier Jahrzehnte lang der Landschaftsarchitekt der Stadt war. Die Skulptur besteht aus einfachen geometrischen Formen, ist aus weißem Beton gefertigt und wurde vom International Style der frühen Architektur in Tel Aviv beeinflusst. Der White Square – auf dem höchsten Punkt des östlichen Stadtrands von Tel Aviv gelegen – blickt durch die Wolkenkratzer hindurch bis zum Mittelmeer im Westen. Der umgangssprachliche Name des Hügels, auf dem sich der Weiße Platz erhebt, lautet auf Arabisch: „Giv’at Batih“ (Wassermelonenhügel).

Die Überreste des Schreins von Salame, im heutigen Stadtteil Kfar Shalem in Tel Aviv, befinden sich einige hundert Meter südlich dieses Hügels. Der verlassene Kuppelbau befand sich einst im Zentrum des alten palästinensischen Dorfes Salame. Das Dorf, das auf das 16. Jahrhundert zurückgeht, lag bis 1948 an der Landstraße vom Hafen Jaffa zum Festland. Während der „Nakba“ von 1948 wurde es von der israelischen Armee und dem neuen zionistischen Staat besetzt und entvölkert. Wochen nach der Vertreibung der palästinensischen Dorfbewohner von ihrem Land besiedelten die israelischen Behörden, die Wellen jüdischer Einwanderung verwalteten, das Dorf mit jemenitischen Juden. Diese wurden in den ursprünglichen palästinensischen Steinhäusern angesiedelt. Heute, Jahrzehnte später, ist der Besitz des Landes immer noch umstritten, und die jüdisch-israelischen Bewohner von Kfar Shalem sind von der Räumung bedroht, weil Baukonzerne planen, die Steinhäuser zu zerstören und ein neues profitables Viertel zu bauen.

Ausgewählte Ausstellungen und Screenings: Kunsthal Charlottenborg Kopenhagen 2019; Brakke Grond Amsterdam 2019; Atonal Berlin 2018; CAC Delme 2016; Iselp Brüssel 2017; Palazzo Medici Riccardi Florenz 2017; Les Rencontres Internationales Paris 2017; Argos Brüssel 2016; November Film Festival London 2016; Oberhausen Film Festival 2016

Mehr unter: www.villastuck.de

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