Gemälden sieht man ihre lange, aufregende Geschichte oft nicht an. Das Werk „Stiller Winkel“ von Max Liebermann ist in einer Dorfgasse, nahe des heutigen Museums Kunst der Westküste, entstanden. Bis das Gemälde allerdings in die Sammlung des MKdW gelangte, hat es eine weite Reise zurückgelegt. Die Mit-Kuratorin Dr. Katrin Hippel zeichnet diese Wege nach. Das Werk „Stiller Winkel“ ist Teil der Ausstellung „Provenienzgeschichten – Max Liebermann im Fokus“, in der das Museum einen Blick hinter die Kulissen der Museumsarbeit, insbesondere in die Provenienzforschung, gewährt.

Beginn der Suche

Wo beginnt die Suche nach der Geschichte? Erste Hinweise können der Titel, die Maße und die Technik eines Werkes geben. Die Mit-Kuratorin Dr. Katrin Hippel erklärt exemplarisch an dem Gemälde „Der Witwer“ von Max Liebermann, wie herausfordernd es für die Forschung sein kann, wenn der Titel eines Gemäldes geändert wird und welche Bedeutung die Rückseite eines Werkes haben kann.

Das Gemälde ist Teil der Ausstellung „Provenienzgeschichten – Max Liebermann im Fokus“, in der das Museum Kunst der Westküste einen Blick hinter die Kulissen der Museumsarbeit, insbesondere in die Provenienzforschung, gewährt.

Begrüßung von Prof. Dr. Ulrike Wolff-Thomsen
Prof. Dr. Ulrike Wolff-Thomsen über Max Liebermanns „Muschelfischer“
Friederike Gräfin von Brühl

Im Jahr 2017 geriet die Ölstudie Wäschetrocknen – Die Bleiche, die sich als Dauerleihgabe im MKdW befindet, in den Verdacht, während der NS-Zeit ihrem jüdischen Vorbesitzer unrechtmäßig entzogen worden zu sein. Sie gehörte ehemals dem Leipziger Unternehmer Moritz Ury, der 1937 in die Schweiz emigriert war und dort 1939 verstarb. Der jetzige Eigentümer hatte das von Max Liebermann 1890 im niederländischen Zandvoort gemalte Werk – ohne Kenntnis der Vorgeschichte – 2006 erworben.

Isabel von Klitzing

Die Ausstellung gewährt spannende Einblicke in die mehrjährige, komplexe Provenienzrecherche, die nun lückenlos die Herkunftsgeschichte der Bleiche nachzeichnet und den anfänglichen Verdacht ausräumen kann. Das MKdW nimmt diesen Fall zum Anlass, einen Blick hinter die Kulissen der Museumsarbeit zu gewähren. Wie sieht die Rückseite dieses Werkes aus, welche Informationen tauchen bei der Überprüfung eines Bildes auf und welche Quellen stehen Forscher*innen zur Klärung einer Herkunftsgeschichte zur Verfügung? Diese und weitere Fragen werden an einigen Werken der Sammlung diskutiert – das Spektrum reicht von Johan Christian Clausen Dahl bis Peder Severin Krøyer. Im Fokus steht Max Liebermann.

Die Ölstudie „Badende Knaben“ (um 1899) von Max Liebermanns war im Besitz seiner Frau, Martha Liebermann, und wurde ihr NS-erfolgungsbedingt entzogen. Nach 1945 gelangte das Werk in den Kunsthandel und ohne Kenntnis der Herkunftsgeschichte in Privatbesitz. Als es 2014 erneut verkauft werden sollte, machten die Liebermann-Erben ihre berechtigten Restitutionsansprüche geltend. Es wurde zwischen ihnen und dem damaligen Besitzer eine „gütliche Einigung“ erzielt: Das bedeutet, dass die Nachkommen von Max Liebermann für den Verlust finanziell entschädigt wurden. Damit konnte die Ölstudie als „unbelastet“ erneut in den Handel gegeben werden.

Mehr unter: mkdw.de

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