Elena Gerhardt begann bereits mit 15 Jahren ein Gesangsstudium am Konservatorium. Gewandhauskapellmeister Arthur Nikisch, ab 1902 auch Direktor des Konservatoriums, förderte und unterstützte sie. Nach einem Engagement an der Leipziger Oper 1905/1906 konzentrierte sie sich auf den Liedgesang und hier besonders auf das deutsche Kunstlied. Sie sang für die englische Königin und für die russische Zarenfamilie; Konzerteinladungen führten sie in viele Länder Europas, nach Kanada und in die USA. Ab 1929 leitete Gerhardt die Gesangsklasse am Konservatorium. Ende 1932 heiratete sie Fritz Kohl, den Verwaltungsdirektor der Rundfunk AG (MIRAG).
Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme wurde Kohl unter dem Vorwand, Gelder veruntreut zu haben, fristlos entlassen. Korruptionsvorwürfe waren eine Methode der Nationalsozialisten, unliebsame leitende Angestellte aus dem Amt zu entfernen. Kohl galt als Repräsentant des »Systemrundfunks«, er hatte ihnen zudem nie Sendezeit bewilligt. Als er im August 1933 in Untersuchungshaft kam, zog seine Frau umgehend Konsequenzen. Sie plante die gemeinsame Auswanderung und kündigte die Wohnung. Im Oktober 1934 emigrierte sie zunächst allein nach London, Kohl folgte ihr nach seinem Freispruch ein halbes Jahr später. Elena Gerhardt konnte in London eine neue Karriere starten. 1947 starb ihr Mann. Sie beendete im gleichen Jahr ihre Gesangslaufbahn und unterrichtete nur noch. Nach Deutschland kehrte sie nie wieder zurück.
Die Sonderausstellung »HAKENKREUZ UND NOTENSCHLÜSSEL. Die Musikstadt Leipzig im Nationalsozialismus« vom 27.1. bis 20.8.2023 im Haus Böttchergäßchen des Stadtgeschichtlichen Museums Leipzig zu sehen
Weitere Informationen unter: www.stadtmuseum-leipzig.de