Adornos Geheimwissenschaft.
Zum Verhältnis von Wunsch und Wirklichkeit.
Vortrag von Iris Dankemeyer, Hamburg
Fällt der Name Theodor W. Adorno, so denkt man gemeinhin an einen Frankfurter Philosophieprofessor, der keinen Jazz mochte. Adorno selbst hielt sich dagegen zeitlebens für einen Künstler, der die Musik liebte. Heute gilt er als Gründungsvater der Kritischen Theorie, dabei war er anfangs eher ein Findelkind, das vom Kreis um Max Horkheimer adoptiert wurde. Sein halbes Leben hatte Adorno eine schwer vermittelbare Privatgelehrtenexistenz geführt, bis er nach der Rückkehr aus dem Exil plötzlich auf dem akademischen Arbeitsmarkt als permanente Ausnahme installiert und in der Öffentlichkeit als notorischer Gegenredner und Berufskritiker institutionalisiert wird. Vom Kritikerkreis um Horkheimer bleibt nur der Vorzeigeintellektuelle und Alleinunterhalter Adorno in Erinnerung. Ist der populäre Professor eine Paradebeispiel dafür, wie das emanzipatorische Begehren von einer Sache der Politik zu einer Frage der Kultur werden kann?
Der Vortrag gewährt Einblick in das „beschädigte Leben“ eines unbekannten Adorno, der leidenschaftlich „mit den Ohren dachte“. Diskutiert werden Differenzen zwischen Max Horkheimer und Theodor W. Adorno, Gemeinsamkeiten von Musik und Metaphysik, Ähnlichkeiten von Kunst und Philosophie und glückliche Zufälle beim Schreiben eines Buches über Theodor W. Adorno.
Iris Dankemeyer lehrt und schreibt. Sie studierte Soziologie und Sozialpsychologie in Hannover und Literaturwissenschaft und Philosophie in Berlin. Derzeit ist sie Vertretungsprofessorin an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg. 2020 erschien ihr Buch „Die Erotik des Ohrs. Musikalische Erfahrung und Emanzipation nach Adorno“. In ihrer Freizeit versucht sie, das altmodische Handwerk der Zauberei zu erlernen.
Weitere Informationen: www.kunsthallelingen.de