Über 450 Exponate aus Chemnitz über Griechenland bis in die Mongolei erzählen uns von der Jahrtausende alten Geschichte des Wohnens. Die Ausstellung spannt den Bogen vom Lagerfeuer zum Sparherd, von der Vorratsgrube zum Kühlschrank, von der Kopfstütze zum Flauschekissen, vom Hocker zum Thron und vom Brunnen zur Wellenbadeschaukel.1. 1.
1. Wohnen = Leben
Wohnen und Leben sind miteinander verbunden. In der englischen Sprache gibt es dahekeine Unterscheidung zwischen „wohnen“ und „leben“. Beides wird übersetzt mit „to live“. Im Wohnen werden grundlegende Bedürfnisse des Menschen befriedigt – die wichtigste ist wohl die Schutzfunktion. Früher schützten wir uns vor der Witterung oder vor wilden Tieren; heute ziehen wir uns gern in unsere eigenen vier Wände zurück, um der Welt zu entfliehen. Doch das Haus allein als Schutz reicht nicht mehr: Schutzengel, Haussegen und Mietverträge geben uns zusätzliche Sicherheit und verstärken das Gefühl von Geborgenheit und „Home sweet home“.
2. Am Anfang war das Feuer.
In der menschlichen Evolution gilt das Feuermachen als Schlüsseltechnologie. Wann genau die Menschen anfingen Feuer zu nutzen, ist umstritten. Die südafrikanische Wonderwerk-Höhle gilt aktuell als der Ort, an dem frühe Menschen vor 1,6 Millionen Jahren erstmals selbstständig Feuer machen. Feuer spendet Wärme, bringt Licht und mach Nahrung verdaulicher und haltbarer. Flammen schützen vor wilden Tieren und auch heute noch rücken wir am Lagerfeier zusammen und erzählen uns Geschichten. Feuer ermöglichte den Menschen eine frühe Form des Home-Office: die heimische Produktion von Textilien, Schnitzwerk und vielem mehr. Bis heute ist die Küche der Ort, an dem Menschen zusammenkommen.
3. Segen und Fluch des Lagerns.
Neben Schutz und Wärme ist das Lagern ein weiterer Grundpfeiler des Wohnens. Vor 450.000 Jahren beginnen nicht-sesshafte Gesellschaften, Nahrung und andere Rohstoffe „nach Hause“ zu bringen. Die echte Lagerhaltung setzt jedoch erst mit einem festen Zuhause ab Beginn des Ackerbaus vor 11.500 Jahren ein. Die Jahreszeiten erfordern eine längere Aufbewahrung der Lebensmittel und des Saatguts. Der feste Standort ermöglicht ebenfalls die Anfertigung und Aufbewahrung von Werkzeugen und Arbeitsmitteln. Neben Nützlichem werden noch Dinge aufbewahrt, deren Wert im Auge des Betrachters liegt. Wenn manche Menschen mehr Hab und Gut haben als andere, führt dies zu Ungleichheit und Konflikten. Das Lagern ist somit Segen und Fluch.
4. Bitte Platz nehmen.
Wir sitzen zu viel. Das tut unserem Körper nicht unbedingt gut. Fast 9,8 Millionen neue Sitzmöbel wurden 2022 in Deutschland hergestellt. Sitzen ist mehr als eine praktische Angelegenheit. Ob und wie jemand sitzt ist eine Frage von kulturellen Gegebenheiten, sozialen Beziehungen oder Glaubensvorstellungen. In der Vorgeschichte durften nur Könige und Gottheiten auf gepolsterten Lehnstühlen sitzen. Das einfache Volk musste dagegen auf dem Boden, auf mit Matten ausgelegten Podesten oder einfachen Holzschemeln Platz nehmen.
5. Schöner wohnen.
Sich zu schmücken ist ein menschliches Grundbedürfnis. Menschen verschönern aber nicht nur sich selbst, sondern auch ihr Zuhause. Jeder will schön wohnen – ohne den praktischen Nutzen zu vernachlässigen. Wandputz, Kacheln und Fliesen dienen in erster Linie der Wärme- und Feuchtigkeitsdämmung. Doch bemalte und mit Lehmreliefs versehene Wände jungsteinzeitlicher Pfahlbauten geben Einblicke in eine kaum erschlossene rituelle Sphäre. Wandmalereien und Bodenmosaike zeigen in der Antike Wohlstand an und dienen repräsentativen Zwecken – die Vergangenheit war bunter als gedacht. Neben die Funktion tritt auch früh schon oft ein ästhetischer Anspruch.
6. Bettgeschichten
Seit der Mensch aufrecht geht, war er aufgrund seiner körperlichen Beschaffenheit dazu gezwungen, auf dem Boden zu schlafen. Obwohl Feuer und Rauch dabei halfen, wilde Tiere fernzuhalten, war der neue Schlafplatz gefährlich. Um die lebenswichtige Erholung zu bekommen, wurde der menschliche Schlaf im Laufe der Evolution kürzer und effizienter. Vor allem die Tiefschlafphase verstärkte sich und verschaffte den modernen Menschen einen kognitiven und kreativen Vorteil gegenüber anderen Arten. Im Schlaf werden Erlebnisse verarbeitet, Gewebe erneuert und Reserven aufgefüllt. Entsprechend breit ist das Spektrum der Schlafgewohnheiten und Schlafstellen. In der Sicherheit der eigenen vier Wände und in einem eigenen Bett schläft es sich am besten. Das Bett als Schlafstelle ist aber keinesfalls für alle eine Selbstverständlichkeit, die längste Zeit haben die Menschen auf dem Boden geschlafen und tun es zum Teil noch heute.
7. Porentief rein
Frisches Wasser ist für Mensch und Haus wichtig – vor allem um schmutziges Wasser und Fäkalien zu entsorgen. Doch die Bedeutung von Sauber und Schmutzig hat sich je verändert. Schon in der Jungsteinzeit kam sauberes Trinkwasser aus Brunnen. Den Griechen und Römern war persönliche Hygiene und öffentliche Badekultur wichtig. Mit dem Aufstieg der Städte ab dem 12. Jahrhundert blühte das Badewesen trotz schlechter Infrastruktur für Trink- und Abwasser wieder auf. Öffentliche Bäder kommen als Krankheitsschleuder in Verruf und „übermäßiges“ Waschen ist sehr lang verpönt. Mit der Industrialisierung wächst auch die Stadtbevölkerung und damit die schlechten Lebensbedingungen und Seuchen. Mit einer Kanalisation sowie einer umfassenden Trinkwasserversorgung wirkt man entgegen. Erst im Verlauf des 20. Jahrhundert gehört ein eigenes Bad zur standardmäßigen Wohnausstattung.
8. Zukunft des Wohnens
In Großstädten entfaltet sich die gesellschaftliche Diskussion rum um mangelnden Wohnraum und hohe Mieten, in ländlichen Gebieten stehen viele Wohnungen leer. Angesichts steigender Lebenshaltungskosten, Energie- und Immobilienpreise fürchten viele um ihre Wohnung. Der Klimawandel und eine stetig wachsende Weltbevölkerung, die bereits jetzt zu 50% in Städten wohnt, stellen das Wohnen und Bauen – der Bereich mit dem größten CO“-Ausstoß – vor gesellschaftliche Herausforderungen. Es braucht dringend Lösungen für ressourcen- und klimaschonendes Bauen, neue Wohnraumkonzepte und Ideen für ein gutes gesellschaftliches Zusammenleben, damit wir in Zukunft gut oder besser wohnen können.
Mehr unter: www.smac.sachsen.de