2017 jährt sich die Oktoberrevolution zum 100. Mal. Das Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte möchte dies zum Anlass nehmen, um in einer Tagung mit anschließender Sonderausstellung das Thema “Diktaturerfahrungen” unter dem Fokus der Migrationsgeschichte von Aussiedlern russlanddeutscher Herkunft in vergleichender Perspektive zu behandeln.

Mit Unterstützung durch die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gab die Initiative Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V. im Jahr 2014 unter dem Titel “Kommunistische Diktaturerfahrungen und Migrationsgeschichte” eine Handlungsempfehlung für Wissenschaft und historisch-politische Bildung heraus. Darin wird darauf verwiesen, dass es ausgesprochen heterogene Gründe und Ursachen waren, welche Aussiedler dazu bewog, nach Deutschland zu migrieren. Insbesondere den Russlanddeutschen wird ethnische und religiöse Verfolgung als Migrationsmotiv bescheinigt. Ihre spezielle Verfolgungsgeschichte und die alltäglich erlebte kommunistische Diktaturerfahrung prägte die Erinnerungskultur der Zugewanderten derartig, dass auch nachfolgende Generationen durch diese “Erfahrungen, Rituale, Traditionen oder Traumata ihrer Eltern und Großeltern geprägt und beeinflusst wurden”. Angesichts der etwa 2,4 Millionen Bundesbürger mit russlanddeutschem Migrationshintergrund stellt dies einen erheblichen Teil gesamtdeutscher Erinnerungskultur dar.

Nicht zuletzt aufgrund der aktuellen politischen Situation und der Affinität mancher Russlanddeutscher zum rechtsnationalen Parteienspektrum, kommt dieser Auseinandersetzung hohe Bedeutung zu. Die unter einigen Russlanddeutschen vorhandene Tendenz einer misstrauischen Einstellung zum Staat, aber auch die prägende Wirkung der Konstruktion von Feindbildern durch die kommunistische Diktatur, sollten aufgearbeitet und reflektiert werden, um diesen Tendenzen entgegenwirken zu können. Die geschichtspolitische Aufklärungsarbeit in diesem Bereich verheißt enorm integratives Potential und bietet vielfältige Chancen der politischen Teilhabe.

Des Weiteren ist festzuhalten, dass sich die narrative Form der Aufarbeitung von Diktaturerfahrungen zunehmend stärker generativ verlagert. Insbesondere die Erfahrungen derjenigen Generation, die nicht mehr persönlich betroffen, aber dennoch durch die intergenerationelle Tradierung von Erfahrungen und Narrativen geprägt ist, können wertvolle Anknüpfungspunkte für die Situation aktuell Geflüchteter darstellen. Auch deshalb möchte diese Tagung das Thema multiperspektivisch angehen und einen Bogen zu aktuellen migrations- und integrationsrelevanten Themen schlagen. Diese Bezüge herzustellen, Chancen für die integrative Arbeit abzuleiten und entsprechende Kontrastpunkte zu setzen, ist ein weiteres Anliegen der Veranstaltung.

Hieraus ergeben sich folgende Themenspektren:

  • Diktaturerfahrungen und Exil – Russlanddeutsche Erinnerungskultur und Selbstwahrnehmung
  • Diktaturerfahrungen und Exil – Erinnerungskultur und Selbstwahrnehmung von Geflüchteten aus Syrien
  • Forum “Diktatur und Exil” – Diktaturerfahrungen in vergleichender Perspektive

Veranstaltungsort: Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte

Veranstalter: Museum für russlanddeutsche Kulturgeschichte, Bundesinstitut für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa (BKGE), Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS) der Universität Osnabrück

Datum: 30.11.2017 – 01.12.2017

Anmeldeschluss: 24.11.2017

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