Das Künstler*innenduo Allora & Calzadilla war mit der Arbeit „Stop, Repair, Prepare: Variations on ‚Ode to Joy’ for a Prepared Piano” vom 1. bis 30. Oktober 2022 in der oberen Halle der Neuen Nationalgalerie zu sehen.
In einer Mischung aus Skulptur und Performance haben die Künstler*innen ein Loch in die Mitte eines Bechstein-Klaviers aus dem frühen 20. Jahrhundert gemeißelt, so dass eine Lücke entsteht, in welcher die*der Interpret*in steht und den vierten Satz von Beethovens Neunter Symphonie spielt, der gewöhnlich als „Ode an die Freude“ bezeichnet wird. Während der Aufführung beugt sich ein*e Pianist*in über die Klaviertastatur und spielt kopfüber und gespiegelt, während sie*er das Instrument durch den Mies van der Rohe-Halle bewegt.
„Die Arbeiten des in Puerto Rico lebenden Künstler*innenduos zeigen Interpretationen von Beethovens berühmter 9. Sinfonie, die seit ihrer Uraufführung vor zwei Jahrhunderten als Symbol der universellen Mitmenschlichkeit gilt. Allora und Calzadilla‘s Werk beleuchtet die innere Komplexität hinter diesem musikalischen Meisterwerk. Indem sie die musikalische Struktur der Partitur genau betrachten, untersuchen die Künstler*innen die Bedeutung des Türkischen Marschs, der als musikalische Folie für die Themen der freudig einträchtigen Umarmung dient, für welche die „Ode“ bekannt ist. So wie die musikalische Komposition in der Tat aus einem Konflikt heraus entstanden ist – den anhaltenden Konflikten zwischen dem Habsburger- und dem Heiligen Römischen Reich und dem Osmanischen Reich zur Zeit von Beethovens Schaffen –, so wurde der daraus resultierende musikalische Traktat auch in ideologischen Kontexten verwendet, die den Idealen, welches die Musik repräsentieren sollte, völlig widersprechen. Diese Symphonie wurde gleichermaßen geliebt und missbraucht und ist heute vielleicht am bekanntesten als die Hymne der Europäischen Union. In der gegenwärtigen Situation, in der sich Europa erneut im Konflikt befindet, scheint die Frage, wer in die kontinentale Umarmung einbezogen wird, dringender denn je. „An einem Veranstaltungsort, der den nationalen Gedanken in seinem Namen trägt, enthüllen sich nicht nur die tiefen Widersprüche und Zweideutigkeiten in Beethovens berühmter Komposition, sondern auch an dem Projekt des Fortschritts selbst.“ — Klaus Biesenbach, Direktor Neue Nationalgalerie
Die Arbeit „Stop, Repair, Prepare: Variations on ‚Ode to Joy’ for a Prepared Piano” von 2008 wurde von Klaus Biesenbach für die Sammlung des Museum of Modern Art New York akquiriert und im Hauptatrium des MoMA 2010/11 als Einzelausstellung ausgestellt.
Die Ausstellung wurde kuratiert von Klaus Biesenbach, Direktor der Neuen Nationalgalerie, mit Lisa Botti, kuratorische Assistenz.
Courtesy of Castello di Rivoli Museo d’Arte Contemporanea, Rivoli-Torino, on loan from Fondazione per l’Arte Moderna e Contemporanea CR
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