Andreas Siekmann thematisiert in seinen Arbeiten die Auswirkungen von wirtschaftlichen Entwicklungen und von Prozessen der Gentrifizierung sowie Privatisierung. Seine Zeichnungen, Modelle, Videos, Ausstellungsprojekte und Arbeiten im öffentlichen Raum kritisieren herrschende Machtverhältnisse, stellen sie auf ironische Weise dar und schlagen oft auch alternative Herangehensweisen und Gegenstrategien vor.

Siekmann zeigt 47 Büsten aus Plastilin, einer Modelliermasse, die als Bastelmaterial für Kinder weit verbreitet ist. Das Material wirkt roh und billig, doch die daraus geformten Gesichter sind die der wohlhabenden Väter und Mütter des Kapitalismus. Die Figuren, die nach bereits Verstorbenen modelliert wurden, haben eine bläuliche Hautfarbe, während die Büsten der noch Lebenden eine farbenfrohe Oberfläche aufweisen, was der eigenartigen Präsentation einen humorig-absurden Anstrich verleiht. Dargestellt sind Ökonominnen, Philosophinnen und Historiker*innen, die zusammen ein transdisziplinäres, mehrdimensionales Netzwerk historischer Ereignisse bilden. Anhand dieser Porträts skizziert der Künstler die Genealogie des neoliberalen kapitalistischen Systems, dem es zunehmend gelungen ist, mit seinem scheinbar endlosen Privatisierungsdruck das gesamte Leben zu beherrschen.

Einige der Büsten werden eine Rolle in Siekmanns Stop-Motion-Animationsfilmen spielen, die während seiner Residency im studio das weisse haus in Wien entstehen. Der Künstler hat hierfür Persönlichkeiten der ersten bis vierten Generation der 1871 begründeten „Österreichischen Schule“ wie Hans Hermann Hoppe, Friedrich Hayek oder Ludwig von Mises ausgewählt. Die Österreichische Schule beruht auf der Vorstellung, dass alle gesellschaftlichen Phänomene ausschließlich auf die Motivationen und Handlungen von Individuen zurückgehen. Als wichtigste Kapitalquelle gilt daher, Daten über die Verhaltensweisen dieser Individuen zu sammeln. Die Wirtschaft ist von der Eroberung von Gebieten dazu übergangen, Daten zu gewinnen und Verhaltensweisen zu kommerzialisieren. Es geht also, anders gesagt, darum, die öffentliche Meinung zu manipulieren und zu besitzen. Die Figuren in Wien zu kontextualisieren, bietet eine Möglichkeit, erneut über ihre institutionelle und historische Bedeutung nachzudenken und die Stadt auf der Landkarte der Entstehungsgeschichte des Neoliberalismus zu verorten.

Mehr unter: kunsthallewien.at

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