BRIGHAM BAKER. SCHMETTERLINGE
Bakers Kunstwerke verbinden Natur und Kultur, die wir geneigt sind als konträr oder zumindest als dual wahrzunehmen. Seine Tätigkeiten als Imker und urbaner Gärtner bilden sowohl die Grundlage für die genaue Beobachtung von Tieren und Pflanzen und ihrer Selbstorganisation als auch deren Kultivierung. Oft verwendet er Materialien, manchmal sogar Pflanzen oder Mikroorganismen, an denen Zeit und Veränderungen ablesbar sind. In einem kurzen poetischen Moment erleben die Betrachtenden so die erfinderische Natur und die Regulierung durch Kultur gleichzeitig. Gerade in Ausstellungssituationen zeigt sich jedoch auch die Dichotomie dieser beiden Systeme deutlich.
Für seine erste Einzelausstellung in einem Museum im Rahmen des 11. Manor Kunstpreis Zürich 2019, hat Brigham Baker eigens eine Fotoarbeit erarbeitet. Sie zeigt Nahaufnahmen von Äpfeln, während sie am Baum hängend reifen und langsam verfaulen. Aus der Langzeitstudie ist eine intime, autobiografisch gefärbte Arbeit
entstanden, die sich mit Zeit, Veränderung und Vergänglichkeit
auseinandersetzt. Dabei werden Anklänge an klassische Vanitas-Stillleben wachgerufen und gleichzeitig konstant unterlaufen. Auch der Titel der Ausstellung «Schmetterlinge» verweist sowohl auf das Genre der Stillleben als auch auf die Unvorhersehbarkeit von nichtlinearen dynamischen Systemen, wie sie klassischerweise
in der Natur vorkommen.
YVES NETZHAMMER. NISTPLÄTZE FÜR BERÜRHUNGEN
«Nistplätze für Berührungen»: Der poetische Titel bezeichnet jenen Ort familiären Aufwachsens und Zusammenseins in der Tierwelt, verbindet ihn zugleich mit der intimen Geste des Berührens. In den Kombinationen von Vertrautem klingen surreale Welten an, wie sie für das Schaffen des Zürcher Medienkünstlers Yves Netzhammer charakteristischer nicht sein könnten. Die bedeutende frühe Installation des Künstlers, wurde 2006 im Rietberg Museum erstmals präsentiert und kürzlich als Schenkung dem Kunst Museum Winterthur übergeben. Sie wird nun im Kontext der Winterthurer Sammlung zu sehen sein und mit den ebenso verrätselten Interieurs von Félix Vallotton und Pierre Bonnard in
einen Dialog treten.
150 digitale Zeichnungen, auf drei stoffbezogene Körper projiziert, verwandeln den Ausstellungsraum in einen magischen Ort. Raumskulptur und Zeichnungskabinett in einem, entwickelt sich in der Überblendung der einzelnen Zeichnungen eine filmartige Sequenz. In diesem Werk manifestieren sich wesentliche Gestaltungselemente von Netzhammers reifem Schaffen. Ausgehend von einem im Grunde zeichnerischen Ansatz entwickelt der Künstler komplexe raumgreifende Installationen mit verräumlichten Bildfolgen, in denen sich der Betrachter
zu verlieren droht. Die Arbeit verbindet in der Winterthurer Sammlung die reiche Tradition der Zeichnung mit den digitalen Bildwelten von heute.
Weitere Informationen: Kunst Museum Winterthur