Die Frage der farblichen Ergänzung von Fehlstellen ist vielschichtig:
Soll retuschiert werden? Soll die Retusche mit einem einzigen Grundton, der überwiegend in dem Kunstwerk vorkommt, ausgeführt werden? Die Ergänzung bleibt damit zurückhaltend sichtbar. Oder soll sich die Retusche weitgehend unsichtbar einpassen? Woher kann der Restaurator eindeutig wissen, wie die Fehlstelle ursprünglich geschlossen war? Wo liegt dabei „Dichtung und Wahrheit“?
Handelt es sich um einen punktförmigen Aussprung, ist es kein Problem, die Fläche farblich zu schließen. Je größer die Fehlstelle vorliegt, desto mehr wird das Einfühlungsvermögen des Restaurators gefordert. Er sollte immer im Sinne des Künstlers die Fehlstelle schließen, so dass das Original und die Ergänzung harmonisch verschmelzen. Bestenfalls unter Zuhilfenahme eines historischen Zustandsfotos. Durch die „Vorlage“ der fast identischen Antwerpener Komposition lässt sich die Kreuztragung sehr detailreich rekonstruieren.
Eine gereinigte Bildschicht zeigt all ihre Schäden, die im Laufe der Zeit entstanden sind: Löcher und Risse in der Leinwand, ausgebrochene Grundier- und Farbschichten, Verputzungen, die durch unsachgemäß durchgeführte Reinigungen zerstörte Farbkuppen und auch Flächen in der Malerei hinterlassen haben und vieles mehr.
Soll die Oberfläche geschützt und das Gemälde wieder lesbar gemacht werden, beginnt der Wiederaufbau.
Neue Kittungen aus Kreide und Leim verschließen Löcher, Risse und kleine Aussprünge, ohne jedoch die originale Malerei der Kreuztragung zu überdecken. Zur Vermeidung unterschiedlichen „Arbeitens“ ähnelt die Kittmasse im Material und in dem Alterungsverhalten der originalen Grundierung. Strukturiert und isoliert fügen sich die gekitteten Fehlstellen in die Gesamtfläche ein.
Ein neu aufgetragener Firnis aus Naturharz schützt die Oberfläche vor mechanischen Schäden und verleiht den Farben wieder Tiefenlicht und Glanz.
Die Leinwand trägt die Grundierung und die Malschicht. Dieser Bildträger aus organischem Material altert und wird auf Dauer brüchig. Um dem Alterungsprozess entgegen zu wirken, wurde überwiegend im 19. Jahrhundert die Doublierung ausgeführt. Bei dieser Maßnahme wurde eine Stützleinwand vollflächig hinter die originale Leinwand geklebt. Besonders bei löchrigen oder gerissenen Leinwänden konnte durch die Hinterklebung gleichzeitig ein neuer Träger für Kittung und Retusche in den Fehlstellenbereichen geschaffen werden.
Für die Kreuztragung gibt es keine Information, wann genau die Kleisterdoublierung im 19. Jahrhundert ausgeführt wurde. Die Verklebung hat sich mittlerweile partiell gelöst, so dass vereinzelt Lufttaschen zwischen beiden Leinwänden entstanden sind. Auch im Bereich der Aufspannung ist die ungenügende Haftung zwischen originalem Überspann und Doublierleinwand durch eine neue Verklebung wieder herzustellen.
ine grundierte und bemalte Leinwand ist in der Regel auf einen Rahmen gespannt. Aus dem Spannrahmen, der einfachsten Form aus vier feststehenden Leisten, entwickelte sich im 18. Jahrhundert der Keilrahmen. Über eine Keilfunktion ist bei diesem verbesserten System die Größe des Rahmens veränderbar und somit die Straffung der Leinwand möglich. Große Formate benötigen für ihre Stabilität eine Mittelstrebe oder sogar ein Kreuz.
Der alte Keilrahmen der Kreuztragung ist in seiner Stabilität unzureichend. Er ist in sich verzogen und durch mehrfache Aufspannungen in vielen Schenkelbereichen gerissen. Scharfe, nicht entgratete Kanten belasten die gealterte Leinwand in der Knickkante des Überspanns, dem Leinwandstreifen für die seitliche Befestigung mit Nägeln.
Der neue Rahmen kann zur Schonung des Bildgefüges erschütterungsfrei vergrößert werden und hat zum Schutz der Leinwand abgerundete Kanten.
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