Der Mensch spielt. Seit jeher. Aus Lust am Wagnis, aus Neugier, zum Zeitvertreib – oder um für einen Moment jemand anderes zu sein. Eskapismus, Erfolgsstreben, Exploration: Die Beweggründe sind vielfältig, die Spielformen noch mehr. Spielen ist mehr als ein Zeitvertreib. Es ist ein kulturelles Grundrauschen, das sich durch alle Epochen zieht. Und zugleich ein Spiegelbild der Gesellschaft – ihrer Ängste, ihrer Träume, ihrer Machtfantasien.

Im Zeppelin Museum Friedrichshafen widmet sich die Ausstellung „Choose Your Player. Spielwelten von Würfel bis Pixel“ dem Spiel als Medium der Flucht, der Erfahrung, der Reflexion. Zwischen nostalgischem Brettspiel und hyperrealem VR-Abenteuer entfaltet sich ein Panorama der Spielkultur, das tief unter die Oberfläche greift.

Wer spielt, gestaltet Welten – und wird selbst geformt. Die Ausstellung fragt, warum wir spielen, wie wir spielen – und in welchen Rollen. Sie erkundet den Spielraum von Identität, wirft Schlaglichter auf Machtverhältnisse, Krieg, Widerstand und Propaganda in digitalen Szenarien – und begreift Spiele als Orte kollektiver Utopie. Denn wo gespielt wird, da ist auch immer ein Entwurf von Zukunft.

Ein Kuriosum, ein zentrales Motiv: das Luftschiff. Zeppeline, einst Ikonen des technologischen Aufbruchs, tauchen bereits in den frühen Quartett- und Würfelspielen des 20. Jahrhunderts auf. Im Ersten Weltkrieg dienten sie als Spielsteine militärischer Fantasie, ihre Weltumrundung 1929 oder die Arktisfahrt von 1931 wurden in Spielhandlungen übersetzt. Bis heute segeln sie durch digitale Spielwelten – als retrofuturistische Kulissen in „Battlefield 1“, „Wolfenstein“ oder „Fallout 4“. Im Serious Game „Through the Darkest of Times“ etwa infiltriert der Spieler als Widerstandskämpfer ein reales Luftschiff: die Hindenburg.

Doch „Choose Your Player“ ist mehr als eine Sammlung spielhistorischer Artefakte. Die Besucherinnen werden selbst zu Akteurinnen. Im Stil eines Rollenspiels wählen sie eine Figur – Entdeckerin, Wissenschaftlerin, Journalistin, Hackerin oder Kind – und erleben die Ausstellung durch deren Augen. Ein individueller Pfad durchs Museum, bei dem nicht nur geschaut, sondern auch gespielt, diskutiert und eingetaucht wird.

Let’s Plays, Gaming-Guides, immersive Kunstwerke und performative Räume ermöglichen ein vielschichtiges Erleben. Originale aus der Zeppelinsammlung werden zu Spielobjekten, Games zu Diskursräumen. Die Grenzen zwischen Spiel und Ernst, zwischen Medium und Realität verschwimmen.

Die Ausstellung fragt nicht zuletzt: Wie sehr ist unsere Welt selbst zu einem Spiel geworden – mit Regeln, Masken, Highscores? Und welche Rolle wählen wir in ihr?

Wer also eintritt in diese kuratierte Spielwelt, begibt sich auf ein Abenteuer – irgendwo zwischen Kindheitserinnerung und digitalem Selbstexperiment. Und erkennt vielleicht: Der Homo Ludens ist keine Figur aus der Theorie. Sondern wir selbst.

Mehr unter: www.zeppelin-museum.de

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