Johannes Rauchenberger, Kunsthistoriker und Theologe, erklärt im nächsten Erzählvideo die dunklen Ölbilder im ehem. Sommerrefektorium, der heute Minoritensaal, heißt. Er versucht anhand dieser Bilder die franziskanische theologische Tradition im Modus der Schau und der Vision zu deuten.
Vor 1730 kommen die großen, für uns dunklen Bilder in den Saal. Wer sie gemalt hat, wissen wir nicht, vielleicht Johann Baptist Raunacher oder sein Umkreis. Aufgrund des Gesamtkunstwerks fallen diese dunklen Bilder eigentlich ja gar nicht auf. Wir nehmen sie einfach hin.
Wir nehmen freilich das Dunkle und das Helle dabei wahr. Auf dem dunklen, sehr dunklen Hintergrund konturieren sich immer neu in Kutten bekleidete Männer heraus, meist im oberen Teil des Bildes ist jeweils eine Lichtquelle: Am öftesten ist es Maria mit dem Kind oder es sind Engel. Oder der himmlische Seraph. Sie bildeten sozusagen den narrativen Rahmen für die in diesem Saal tatsächlich essenden Brüder.
Wenn man in der mittelalterlichen Theologiegeschichte große Schneisen schlagen will, so steht die franziskanische Tradition weniger für die Rationalität wie etwa die zeitgleich entstehenden Dominikaner, sondern viel mehr für die Emotion, die Schau, vielleicht auch für wundersame Erscheinungen.
Eine solche Bildschneise von Dunkel, dem man selbst angehört und heller Erscheinung wird uns hier an der Westwand vorgeführt: Antonius von Padua, der neben Franziskus wohl beliebteste Franziskanerheilige, erhält am Ende seines Lebens in einer Kartause von der Muttergottes das Jesuskind überreicht.
Im nächsten Bild schwebt Joseph von Copertino – er konnte das – , direkt zur Gottesmutter, die ihm nämlich bei einer Prüfung eingesagt hatte, denn beim Lernen tat er sich schwer. Weil er eben SCHWEBEN konnte, wurde er von seinen Brüdern verlacht, dabei sagten viele unter Eid aus, dass er das konnte. Er duldete die Schmach seiner Brüder – und wurde DESHALB – ob seiner Duldsamkeit – heilig, so die Akten. Erst 1768 wurde er heiliggesprochen, also rund 40 Jahre nachdem dieses Bild gemalt worden war.
Im vierten Bild hält der heilige Joseph das Jesuskind in den Händen.
Im fünften Bild von vorne gesehen sehen wir Franziskus selbst, wie er in La Verna im Jahre 1223 die Stigmata erhält. Ein Seraph erscheint ihm, Strahlen gehen von ihm aus, die ihm die Wundmale Christi verleihen.
An der Nordwand sind Franziskanermärtyrer zu sehen: Die Lichtquelle füllen Engel mit der Märtyrerpalme aus.
Die Ostwand ist weniger der Schau gewidmet, als vielmehr dem Amt, der Theologie, auch der realen Politik.
Im ersten Bild erhält ein Minoritenbruder von Engeln eine Stola: Ein Insignum der Weihe.
Das zweite zeigt sogar einen Kardinal: Es ist der größte THEOLOGE in der Spur des Hl. Franziskus, der Hl. Bonaventura: Er war auch Ordensgeneral, später wurde er sogar zum Kirchenlehrer erhoben. Er hat den jungen franziskanischen Orden im 13. Jahrhundert auf ganz neue Füße gestellt. Er ist in solcher Kardinalstracht zu sehen.
Das nächste Bild ist ob fehlender Attribute für uns unentzifferbar. Anders ist es beim nächsten, das König Ludwig IX. von Frankreich zeigt, der auch Ludwig der Heilige genannt wird. Er unterstützt die Franziskaner. Ein Engel hält ihm das Modell von Sainte Chapelle entgegen, jene berühmte Kirche in Paris, die Ludwig für die Dornenkrone Christi als Schrein gebaut hat – die Grazer Leechkirche hat wiederum dieser berühmte Reliquienbau als Vorbild.
Das letzte zeigt erneut einen Franziskaner-Minorit schreibend, auf die buchstäbliche Inspiration wartend.
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