Höchst spannend war das (vierte) Kuratorengepräch von Kurator Johannes Rauchenberger bei DE PROPGAGANDA FIDE am 17. Dezember 2022 mit den Gästen Alois Neuhold und Georg Plank: ein Stück Kirchengeschichte der späten 1980er Jahre und der frühen 2010er Jahre. Zu Wort kamen Engagierte von damals und ihr Lebensertrag, was die Reformfähigkeit der katholischen Kirche angeht. „Die Botschaft Jesu wird immer interessant sein.“ So emphatisch Alois Neuhold, der die Zeitschrift SOG von 1986 bis 1992 (wichtige Stücke in der Ausstellung) gestaltet hat. „Was die Kirche mit ihr macht, ist freilich eine andere Frage…“ So der Nachsatz. Hans Pabst, ehemaliger „Präsident“ der SOG (der Solidaritätsgruppe engagierter Christen in Österreich) (und in den späten 1970er Jahren Leiter des Afro Asiatischen Instituts, hält die katholische Kirche hingegen für „nicht reformierbar“. Der erfolgreiche Psychotherapeut ist für das Gespräch extra aus Wien angereist. Die „Mitteilungen der SOG“, der „Solidaritätsgruppe engagierter Christen“, die in den frühen 1970er Jahren aus dem Kreis linker oder ehemaliger Kapläne in der Steiermark entstanden war, hat der Künstler und Theologe Alois Neuhold (geb. 1951) als letzter Chefredakteur von 1986 bis 1992 gestaltet. Bearbeitet wurden in diesen Zeitschriften, die Teil der Ausstellung sind, etwa die Verfilzung in Machtstrukturen, die mangelnde Geschichtsaufarbeitung, die stockende Ökumene, der Klerikalismus oder die Rolle der Laien: „Der Laie. Die Laiin.“ Im Rückblick erweisen sich diese Pamphlete, die in einer Zeit eines radikal konservativen Kurses der österreichischen Kirche in Form von Bischofsernennungen entstanden sind und deren Erscheinen von der Kirchenleitung jeweils gefürchtet worden war, als einer der letzten Aufschreie nach Reformen in der katholischen Kirche im Großen.
Die verpassten Zeitpunkte für tiefgreifende Reformen haben nach Ansicht namhafter Theologen freilich längst den „point of no return“ (Hans Joachim Sander) hinter sich. Zur Erinnerung: Kurze Zeit später gab es noch das „Kirchenvolksbegehren“ (1995), den „Dialog für Österreich“ (1998), die „Pfarrerinitiative“ (2006) und „Maria 2.0“ (2019). Der deutsche „synodale Weg“ (seit 2020) läuft gerade, ebenso wie der weltweite „synodale Prozess“, den Papst Franziskus 2021 überraschend ausgerufen hat und nun bis 2024 verlängert wird.
Georg Plank, Verantwortlicher für Öffentlichkeitsarbeit in der Diözese Graz-Seckau von 2005 bis 2013, fand ebenfalls sehr deutliche Worte (und hätte – wenn er noch Pressesprecher des Bischofs gewesen wäre (was er bekanntlich zehn Jahre war) – für den 17. Dezember, den 86. Geburtstag von Papst Franziskus, eine gute Presseaussendung parat gehabt: „Der Papst ist an seinem heutigen Geburtstag leider etwas päßlich, er hat nämlich zum Frühstück eine Sachertorte gegessen, die ihm die Österreichischen Bischöfe gestern geschenkt hatten. (Ich meine das natürlich ironisch.“) Der freundliche Gesprächston als Resümee des Ad-limina-Besuchs sei jedenfalls das Selbstverständliche eines Gesprächs, nicht ein Erfolg, fand Plank: „Etwas zu ruhig!“
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