Die in den letzten Jahren restaurierte Planetenlaufuhr von Eberhard Baldewein (1563) steht in der neuen Kabinettausstellung des Mathematisch-Physikalischen Salons in Mittelpunkt.

Die monumentale Planetenuhr gehört zu den mechanisch aufwendigsten und künstlerisch herausragenden Uhren der Frühen Neuzeit. Sie entstand im Auftrag des Kurfürsten August von Sachsen (reg. 1553 — 1586) am Hof seines Schwagers, des hessischen Landgrafen Wilhelm IV., und folgte einer ersten, für Wilhelm selbst gebauten Uhr, die sich noch heute in Kassel befindet. Die komplexe Mechanik beider Uhren wurde unter direkter Beteiligung des hessischen Landgrafen berechnet und unter der Leitung seines Konstrukteurs Eberhard Baldewein realisiert.

Im Zentrum eines von der Museum & Research Foundation GmbH 2014/2015 geförderten Forschungsprojekts „Deus ex Machina“ standen die beiden Planetenuhren, die Landgraf Wilhelm IV. von Hessen-Kassel, selbst einer der renommiertesten praktizierenden Astronomen des 16. Jahrhunderts, in den 1560er Jahren herstellen ließ: sein eigenes Exemplar, heute im Astronomisch-Physikalischen Kabinett in Kassel, und die von seinem Schwager Kurfürst August von Sachsen bestellte Uhr, heute im Mathematisch-Physikalischen Salon (MPS) in Dresden. Neben diesen beiden sind nur noch zwei weitere Planetenuhren aus dem 16. Jahrhundert erhalten: die sogenannte Fine-Uhr, heute in der Bibliothèque Saint Geneviève in Paris, und die Imser-Uhr, heute im Technischen Museum in Wien. Diese, von den Zeitgenossen vielfach bestaunten Wunder der Uhrmacherkunst zeigen in Echtzeit an, wo sich die sieben klassischen „Planeten“ – Merkur, Venus, Mars, Jupiter, Saturn sowie Sonne und Mond – von der Erde aus gesehen am Himmel befinden und bilden den ungleichförmigen Lauf der sieben Wandelsterne nach.

Eine Untersuchung dieser vier Uhren sowie die Studie zugehöriger Handschriften haben nun aufgezeigt, dass sie fertigungstechnisch und in ihren theoretischen Ansprüchen markante Unterschiede aufweisen. Vor allem über den Herstellungsprozess der Kasseler und der Dresdener Uhr liegen bedeutende neue Erkenntnisse vor. Zudem zeichnet sich ab, dass in diesen beiden Uhren nicht nur aus der Antike und aus dem islamischen Mittelalter tradierte astronomische Parameter materialisiert worden sind, sondern auch eigene Messungen von Landgraf Wilhelm IV. selbst und seinen Hofastronomen. Möglicherweise lassen die Feinheiten des Getriebes sogar die Geburtsstunde einer neuen astronomischen Theorie erkennen.

Weitere Informationen: Staatliche Kunstsammlung Dresden

Abonniere unseren Newsletter