Vortrag von Dr. Maria Weber, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, in der Vortragsreihe »Handel, Geld und Politik – vom Mittelalter bis heute« , organisiert von der Forschungsstelle für die Geschichte der Hanse und des Ostseeraums (FGHO).
»Gehorsamst bitten wir, diejenigen Hütten, so wir bewohnen, uns umb sovil zurichten zu lassen, das wirs den Winter über bewohnen können«, schrieben mehr als 20 Bewohner:innen einer von der Stadt vermieteten Behausung am nördlichen Rand der frühneuzeitlichen Metropole Augsburg an den Rat der Stadt im Oktober 1623. Würde ihnen die Renovierungsbitte abgeschlagen und sie aus ihren Mietwohnungen vertrieben, so sei zu befürchten, dass sie in des Winters Kälte »«hilflos auff der Gassen […] sterben und verderben müssen.«
Emotional verweist die Supplik auf zwei Dinge, die auch in unserer Gegenwart des 21. Jahrhunderts aktueller Gegenstand politischer und sozialer Debatten sind, denn Fragen nach fehlendem bezahlbarem Wohnraum, rund um Nachverdichtung, Baumaterial und ‚Heizungsgesetz‘ regen heutzutage nicht minder die Gemüter. Das Schreiben der Bewohner:innen aus dem 17. Jahrhundert zeigt demgegenüber jedoch: Wohnen ist und war einerseits ein existenzielles Bedürfnis. Anderseits wird offenbar, dass das Wohnen zur Miete und damit verbundene Herausforderungen, Streitigkeiten und Problematiken keine Erfindung der industrialisierten Stadt des 19. Jahrhunderts mit seinen Mietkasernen oder ein Novum unserer Postmoderne ist.
Wie sich eine vormoderne Mietpraxis gestaltet hat, welche Rechte und Pflichten Mieter:innen und Vermieter:innen eingegangen sind und wie Nachbarschaftsstreitigkeiten das gemeinsame Mit-Wohnen beeinflussten, wird im Vortrag ebenso behandelt, wie die Frage danach, ob und wie sich zentrale Infrastrukturen wie fließend Wasser, ein funktionierendes Bad oder angsteinflößende Poltergeister auf Mietmarktpreise und die Wohnqualität in frühneuzeitlichen Städten ausgewirkt haben.
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