In einer alten Industriehalle in Köln-Ehrenfeld, zwischen Backstein und Beton, wo einst Maschinen ratterten, soll ab 2029 ein neues kulturelles Herzstück schlagen: das Museum Selma. Es erzählt eine Geschichte, die bislang zu selten in deutschen Museen Raum findet – die Geschichte der Migration, nicht als Randnotiz, sondern als zentrales Kapitel deutscher Wirklichkeit.

Was sich hier entfaltet, ist mehr als ein klassisches Ausstellungshaus. Das Museum Selma, benannt nach einem fiktiven Migrantenschicksal und doch getragen von tausenden realer Biografien, versteht sich als Raum kollektiver Erinnerung, als lebendiges Archiv einer Gesellschaft im Wandel. Der Entwurf stammt vom renommierten Stuttgarter ATELIER BRÜCKNER, das mit nachhaltiger Architektur und sinnlicher Szenografie bereits Museen in Kairo und Abu Dhabi geprägt hat. In Köln kombinieren die Architekt*innen nun historische Substanz mit modernen Holzeinbauten – ein Gleichgewicht von Erbe und Erneuerung.
Es ist ein Projekt, das lange gereift ist. Die Wurzeln reichen zurück ins Jahr 1990 – jenes symbolische Jahr der deutschen Einheit. Während sich das Land offiziell neu erfand, gründeten Migrant*innen in Essen einen Verein mit einer klaren Vision: Die Migrationsgeschichte nicht länger als Fußnote zu behandeln, sondern sie ins Zentrum der historischen Erzählung zu rücken. Drei Jahrzehnte später wird aus dieser Idee Wirklichkeit – gefördert mit über 44 Millionen Euro öffentlicher Mittel und getragen von der zivilgesellschaftlichen Kraft des Vereins DOMiD (Dokumentationszentrum und Museum über die Migration in Deutschland), der zur gemeinnützigen Betreibergesellschaft wurde.
Die Sammlung, die nun ins Museum einziehen wird, liest sich wie ein kollektives Tagebuch der Einwanderungsgesellschaft: eine Lebensmittelwaage italienischer Gastarbeiter*innen, Boxhandschuhe eines bosnischen Einwanderers, das Kleid einer geflüchteten Frau aus Togo. Über 150.000 Zeitzeugnisse sind es inzwischen – nicht kuratiert von oben, sondern eingebracht von unten, von Menschen, die sagen: Meine Geschichte ist deutsche Geschichte.
Das Museum versteht sich als Ort des Dialogs, nicht der Repräsentation. Auf 10.000 Quadratmetern sollen Ausstellungsräume auf Veranstaltungsflächen treffen, ein Digitallabor auf eine Bibliothek, ein Kinderspace auf ein Community-Zentrum. Das Konzept folgt dem „Free-Flow“-Prinzip: Besucher*innen bewegen sich frei, durch Lebenswelten, Perspektiven und Erzählungen, ohne vorgeschriebene Wege – eine Einladung zum Verstehen.
„Mit dem Museum Selma schließen wir eine Lücke in der deutschen Museumslandschaft“, sagt Dr. Robert Fuchs, Geschäftsführer der DOMiD gGmbH. Es ist ein Haus, das nicht nur zeigen will, was war, sondern auch fragt, was sein kann. Ein Ort, an dem Debatten geführt werden dürfen – über Herkunft, Zugehörigkeit und Zukunft.
Denn Migration, das zeigt dieses Museum eindrücklich, ist keine Ausnahme, sondern die Regel unserer Geschichte.
Mehr unter: www.museum-selma.de