Wenn die Welt der Hausarbeit plötzlich zum Schauplatz des Fantastischen wird, dann hat wohl Wiebke Siem ihre Hand im Spiel. Die 1954 geborene deutsche Künstlerin lässt in ihren Arbeiten die Grenzen zwischen Kunst, Theater und Alltag verschwimmen – mit leisem Spott, scharfem Witz und einem scharfsinnigen Blick für gesellschaftliche Untiefen. Da hängen Möbel wie Marionetten ihre Gliedmaßen herab, da warten seltsam anmutende Kostüme nur darauf, neue Identitäten zu erproben. Siem entwirft einen Kosmos, der ebenso absurd wie abgründig, ebenso verspielt wie tiefgründig ist.
Ihre Werke sind mehr als reine Inszenierung – sie sind Kommentare. Mit subversiver Ironie seziert Siem Geschlechterrollen, koloniale Blickregime und die merkwürdigen Mechanismen westlicher Kunstgeschichte. Ihr feministischer Ansatz verschränkt sich dabei mit einer kritischen Auseinandersetzung mit der Aneignung außereuropäischer Ästhetik durch die Moderne. Die Anklänge an Sophie Taeuber-Arp, das Bauhaus-Theater oder surrealistische Collagen sind dabei ebenso präsent wie die Möglichkeit zur Reflexion – über das Sehen, das Darstellen, das Besitzen.
In ihrer interaktiven Installation Der Traum der Dinge wird das Publikum selbst zum Schöpfer. Haushaltsgegenstände – von Schalen und Wallhölzern bis hin zu Kleiderbügeln und Perückenköpfen – liegen bereit, um in neue, bizarre Kreaturen verwandelt zu werden. Je nachdem, ob ein Waschbrett oder eine Sperrholzdose den Rumpf bildet, entstehen Figuren, die charmant zwischen Golem und Putzfee changieren. So wird das Atelier zur Bühne, die Betrachter zu Darstellern, und das scheinbar Banale zum poetischen Material eines Traums, der ebenso heiter wie verstörend ist.
Wiebke Siems Kunst ist ein Spiel mit der Form, ein Spiel mit der Identität – und ein Spiegel, in dem der Alltag plötzlich sehr fremd und seltsam vertraut zugleich erscheint.
Produktion: arttv.ch
Mehr unter: www.kunstmuseumluzern.ch