Die Entdeckung: ein alter Holzkoffer, gefüllt mit Bildern der Vergangenheit. Fotografiert hat sie Friedrich Wilhelm, alias „Fide“, Struck (1901–1985), der in einfachen Verhältnissen in Hamburg aufwuchs. Als junger Mensch hing er der Jugend- und Wandervogelbewegung an. 1926 wurde er Mitglied der Künstler- und Handwerkersiedlung Gildenhall/Neuruppin.
Später arbeitete Fide Struck als Buchhalter in Berlin, im Sommer 1932 wurde er erwerbslos und kaufte sich von seiner Abfindung eine neue Fotoausrüstung. Aufnahmen aus dem Alltag der Arbeiterinnen und Arbeiter in Altona, Hamburg und an der Westküste entstanden. Empathisch rückte er Werft- und Hafenarbeiter, Fisch- und Marktverkäuferinnen oder Krabbenfischer in den Blick.
Strucks Aufnahmen sind Zeugnisse der vielschichtigen Amateur- und Arbeiterfotografie der ausgehenden Weimarer Republik, die durch wirtschaftliche, gesellschaftliche und politische Zerrissenheit geprägt ist. Die Fotos stehen im Spannungsfeld von privatem Erleben, sozialer Reportage und politischem Kontext. Angelehnt an die Bildsprache der Neuen Sachlichkeit und des Neuen Sehens bestechen sie durch ungewöhnliche Blickpunkte.
Im Jahr 1941 verstaute Fide Struck rund 3.000 Glas- und Filmnegative in einem Holzkoffer. Erst 2015, nach 74 Jahren, wurde dieser Koffer wieder geöffnet − von seinem Sohn, dem Filmemacher Thomas Struck. Die Ausstellung am Museum Kunst der Westküste präsentiert rund 60 der eindrucksvollen Schwarz-Weiß-Fotografien. Zur Schau ist ein Katalog erschienen.
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