Aufzeichnung eines Gesprächs mit Konrad Bitterli, Direktor Kunst Museum Winterthur, und Pierre Huber, Galerist und Sammler vom 9. Juli 2020.
Steven Parrino (1958–2005) war einer der einflussreichsten Künstler der Kunstszene in New York seit den späten 1980er-Jahren.
In seinem vorwiegend malerischen OEuvre entwickelte er eine einzigartige visuelle Sprache. Sie speist sich einerseits aus verschiedenen subkulturellen Strömungen, enthält andererseits aber deutliche Bezugnahmen auf die Geschichte der bildenden Kunst des 20. Jahrhunderts und darüber hinaus. Parrinos Schaffen ist geprägt von einem unbedingten Freiheitswillen, der sich aus der US-amerikanischen Biker-Kultur herleitet sowie durch den Existentialismus von Punk-Rock beeinflusst wird.
Zugleich widerspricht Parrino dem «Anything goes» postmoderner Trends der Achtzigerjahre. Authentizität und Formwille verbinden sich in seinem künstlerischen Ansatz zu einer innovativen Kraft von herausragender Qualität, die sich auch in seinen installativen, musikalischen, filmischen und textlichen Aktivitäten zeigt. Anleihen bei Underground-Comics und der «Kustom Kulture» der Motorrad-Welt mit ihrer spezifischen Symbolsprache bestimmen vorwiegend sein zeichnerisches Werk der frühen Jahre. Parallel entwickelt sich eine monochrome Malerei in der Tradition des «Radical Painting».
Nach der Mitte der 1980er-Jahre verdichten sich Parrinos künstlerische und weltanschauliche Überzeugungen zu einer kennzeichnenden Methode: Leinwände wurden zunächst monochrom bemalt, danach vom Rahmen genommen und anschliessend in veränderter Form (verdreht, gewickelt, geknüllt usw.) wieder aufgezogen, sodass ein neues und in der Regel dreidimensionales «Bild» entstand.
Steven Parrino. Nihilism Is Love ist die erste umfassende Retrospektive des Künstlers im deutschsprachigen Raum. Anhand von fünf Themenfeldern wird sein Werk im Kunstmuseum Liechtenstein rekontextualisiert: Der Tod der Malerei als Motiv sowie deren Wiederbelebung durch gesellschaftliche und subkulturelle Inhalte bilden ein Hauptnarrativ der Ausstellung. Der Malerei ist ihre traditionelle Rolle als «Leitmedium» der Avantgarden angesichts der rasanten Umwälzungen der vergangenen Jahrzehnte in zunehmendem Masse aberkannt worden. Welche Bedeutung Parrinos facettenreichem OEuvre für die Weiterentwicklung der Malerei zukommt, macht diese Ausstellung erstmals nachvollziehbar.
Eine Produktion des Kunstmuseum Liechtenstein, kuratiert von Friedemann Malsch und Fabian Flückiger. Zur Ausstellung erscheint eine umfangreiche Publikation.
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