Was trauen wir der Kunst noch zu? Was können wir ihr zutrauen – angesichts ihrer An- und Einsprüche von Johann Sebastian Bach bis Franz Kafka? Befreit sie oder lässt sie frei? Ist sie Zuflucht? Gar Trost? Soll, kann man ihr ins Unendliche folgen? Große, im Allgemeinen zu große Fragen.
Als Höhepunkt der Retrospektive von Thomas Henke haben wir den Philosophen Thomas Macho, die Schriftstellerin Felicitas Hoppe und den Pianisten Claudius Tanski eingeladen, die Hauptmotive der filmkünstlerischen Portraitarbeit Thomas Henkes – Zuflucht und Befreiung – am 16. März 2023 im Minoritensaal zu reflektieren, zu besprechen und zu bespielen.
Kurator Johannes Rauchenberger spricht mit der Schriftstellerin Hoppe und dem Philosophen Macho, die beide in den Werken von Thomas Henke vorkommen, über „Kunst als Zuflucht“.
„Haben wir noch ein Publikum, haben wir ein Gegenüber?“, fragt Felicitas Hoppe, die seit 20 Jahren in der Schweiz eine Einsiedelei bewohnt, zu Beginn der Diskussion. „Liebes Publikum, Du bist unsere Hoffnung, unsere Zukunft, unsere Stärke! Lass uns nicht allein!“ plädiert Hoppe zu Beginn der Diskussion für ein Gegenüber.
„Herr, mach, dass ich nicht die Freude verliere“, soll Bach nach Ingmar Bergmann notiert haben, als ein Kind von ihm gestorben war: So setzt Macho in die Diskussion ein. Und erinnert daran, dass genau heute das Gesamtwerk von Etty Hillesum im C.H.Beck-Verlag ausgeliefert wurde: Hillesum ist bekanntlich das letzte Werk Thomas Henkes in dieser Retrospektive, („Samstagmittag 12 Uhr) gewidmet.
Macho interessiert nicht nur die Frage nach der letzten Zuflucht, sondern auch die Frage nach der ersten Zuflucht: Wir kommen auf die Welt und wissen gar nicht was das ist: Woher kommen wir eigentlich, wenn wir auf die Welt kommen?
Es war einmal eine echte Verpflichtung der Kirchen, den Geflüchteten eine echte Zuflucht zu bieten. Wer uns nahe kommt, wer Zuflucht sucht, dem sei sie zu geben: Dabei sei nicht zu fragen nach dem Geschlecht, Identität und Herkunft.
Es geht in der erkenntnisreichen Diskussion um das „Gehalten-Sein“, um das alte Kirchenasyl, um „Gottes Absicht“, (dem Ort, bevor Kinder entstehen…), um das „Publikum“ als Gegenüber, um „Auftragskünstler“ wie Mozart und Bach.
Gerahmt und akzentuiert wurde dieser außerordentliche Abend im Minoritensaal vom Pianisten und Echo-Klassik-Preisträger Claudius Tanski, der die großen Fragen in ganz andere Welten, die nur die Musik bereit hält, hinein öffnet: Claudius Tanski spielt folgende Werke:
– Frederic Chopin: Nocturne cis-moll op. posth.
– Johann Sebastian Bach / Ferruccio Busoni: Choralvorspiel „Ich ruf´ zu Dir Herr Jesus Christ“ BWV 639
– Wolfgang Amadeus Mozart: Adagio aus KV 457 (Sonate c-moll)
– Johann Sebastian Bach: Die Kunst der Fuge, contrapunctus XVI, BWV 1080
Weitere Informationen: KULTUM Graz