Zeichnen gilt seit jeher als „Denken mit dem Stift“. Auch wenn es heute zunehmend zum „Denken mit der Maus“ wird, so eröffnet es nach wie vor aus dem Spannungsverhältnis von Figur und Feld heraus Erkenntnisse, die auf das Ursprüngliche künstlerischer Prozesse verweisen. Diese Ausstellung ermöglicht einen Blick auf das Medium der Zeichnung, wie es sich aktuell darbietet. Mit mehr als 100 Arbeiten von 37 Künstlerinnen und Künstlern werden genuine Artikulationsmöglichkeiten der Linie zwischen Bild und Schrift wie auch andere Strategien zeichnerischer Konzepte vorgestellt. Werke von zehn Künstlerinnen und Künstlern sind eigens für diese Überblicksschau entstanden.
Spätestens seit Mitte der 1960er-Jahre ist die Zeichnung über ihre klassischen Materialien und Techniken hinausgewachsen. Konzeptuelle Ansätze wie auch immaterielle Verfahren haben das Feld geöffnet. Zudem hat die Zeichnung durch den Einsatz neuer Technologien nicht nur neue Flächen, sondern auch den Raum erobert und ist in die Dimension der Zeit vorgedrungen. Die Ausstellung spiegelt die Entwicklung dieser Tendenz in den letzten 15 Jahren.
Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen Themenfelder, die zum Teil schon seit längerem mit dieser Gattung in engem Zusammenhang stehen wie Bilderzählung, Reportage, Architektur oder die Darstellung phantastischer Welten. Aber auch für Gebiete, die erst in jüngerer Zeit an Relevanz gewonnen haben, finden sich in der Ausstellung Beispiele. Hierzu zählen die Abstraktion in der freien Linie, die bewegte Linie im Film und in der Animation, aber auch die Transformation von Musik in Zeichnung sowie Zeichnungskonzepte im naturwissenschaftlichen und erkenntnistheoretischen Kontext.
Was geht, Leute? lautet die Frage am Beginn der Ausstellung. Christian Jankowskis jüngste Arbeit aus seiner Serie der Visitors (2010-2015) nimmt den Kommentar eines Museumsbesuchers im Gästebuch auf und spielt ihn zurück ins Museum. Im Zusammenhang dieser Ausstellung fragt er danach, was heute als Zeichnung gelten kann und welche Erkenntnismöglichkeiten sich aus ihr entwickeln lassen. Das aktuelle Zeichnen kennzeichnet vor allem das Vermögen, alte wie neue Techniken und die in ihnen liegenden Möglichkeiten mit aktuellen Inhalten als „Neue Wege der Zeichnung“ zu reflektieren.
Die beteiligten Künstler sind Katie Armstrong, Il-Jin Atem Choi, Awst & Walther, Mario BieRende, Karoline Bröckel, Angela Bulloch, Marcel Dzama, Fred Eerdekens, Friederike Feldmann, Christine Gensheimer, Gregor Hildebrandt, Katharina Hinsberg, Christian Jankowski, Zilvinas Kempinas, William Kentridge, Byungjoo Lee, Pia Linz, Alison Moffett, Keita Mori, Lada Nakonechna, Carsten Nicolai, Pavel Pepperstein, Raymond Pettibon, Christian Pilz, Jen Ray, Alexander Roob, Yehudit Sasportas, Simon Schubert, Nedko Solakov, Troika, Mariana Vassileva, Jorinde Voigt, Tim Wolff und Ralf Ziervogel.
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit zahlreichen Installationsaufnahmen und einer Einführung in die Ausstellung von Holger Broeker sowie Texten zu den ausgestellten Werken (96 Seiten, ca. 50 farb. Abb., 9,00 €, Erscheinungstermin Mitte Juni).