Das Musik-Performance-Videoprojekt „Max Beckmann transformed into Music“ bietet neue Zugänge zu Kunst und Leben von Max Beckmann in der Ausstellung „Max Beckmann – Day and Dream. Eine Reise von Berlin nach New York“ im Max Ernst Museum Brühl des LVR.
Eine Künstlerin und zwei Künstler improvisieren auf ihren Instrumenten zu Highlights der Schau und führen so einen musikalischen Dialog mit den Werken. Die ca. 3-minütigen Aufnahmen des Filmemachers und Regisseurs Thorsten Kleinschmidt mit der Songwriterin Anikó Kanthak (Stimme und Loop Station) sowie den Musikern Matthias Petzold (Saxophon) und Sebastian Reimann (Violine und Loop Station) können zur Einstimmung auf die Ausstellung von zuhause, von unterwegs oder vor Ort vom eigenen Smartphone abgerufen werden.
Die Kölner Songwriterin, Komponistin und Sängerin Anikó Kanthak (*1979 in Leipzig) möchte mit ihrer Improvisation in der Beckmann-Schau Grafiken und Gemälde aus dem Spätwerk im Ausstellungsbereich „Day and Dream“ emotional erfahrbar machen: „Ich habe versucht, die Essenz der Stimmung in Max Beckmanns Werk in mir zu verankern, um diese dann über Improvisation wieder nach außen zu tragen und die Kunst spürbar zu machen. In seiner späten Werkphase gibt es vielschichtige, wiederkehrende Elemente, die typisch für Max Beckmann sind. Zu seinen verschachtelten und szenischen Bildern passt die Loop Station gut, ein Aufnahmegerät mit drei Kanälen, mit dem ich jeweils drei Schichten von Songspuren aufnehmen und in Echtzeit vor Ort einsetzen konnte.“
Der Jazzmusiker und Komponist Matthias Petzold (*1964 in Brühl) hat sich bewusst vor das einzige Porträt eines Schwarzen Mannes gestellt: mitten in den Ausstellungsbereich „Der Jahrmarkt“ vor die von Max Beckmann betitelte Grafik „Der Schwarze“. In diesem Bild würde deutlich, mit welcher Würde und Präsenz ein im Schaustellerumfeld als „exotisch“ präsentierter Mensch auf das Publikum und nicht zuletzt auf Beckmann gewirkt haben musste. Neben dem als Clown verkleideten weißen Partner zu seiner Rechten strahle der Schwarze „die coolste Würde“ aus, so Petzold. Eine solche Energie habe ihn an der Jazzmusik nachhaltig beeindruckt: die Energie, mit der sich Menschen in unterdrückten Lebenssituationen ihre Kreativität frei erkämpft hätten und im Verlauf der Jahrzehnte auch ihre Bürgerrechte. Der Jazz sei die erste sich rasch verbreitende globalisierte Kultur gewesen: „Die 20er Jahre waren das Zeitalter des Jazz wegen einer technischen Entwicklung, der Erfindung der Schallplatte. Schallplatten wurden in großer Auflage hergestellt, so dass sich Improvisationsstile, Grooves und Sounds verbreiten konnten. Dies alles war neu und aufregend, vermutlich auch für Max Beckmann, und dies prägte auch das Berliner Nachtleben der 20er Jahre.
Ich habe nicht versucht, eine Stil-Collage zu machen: Ich spiele keinen Jazz der 20er Jahre zu Bildern aus den 20er Jahren wie z.B. Musik von Duke Ellington, Louis Armstrong oder King Oliver. Es ist eine freie Improvisation, ein Improvisationsstil, der die Entwicklung der letzten 100 Jahre reflektiert und aufgreift. An ein paar Stellen habe ich ältere Jazz-Stilelemente reingebracht: ein bisschen Blues, ein paar Dixieland-Anklänge, aber nicht in dem Sinne, dass es zitiert wird. Vielmehr hoffe ich, dass die verschiedenen Zeitschichten alle im Sound zu entdecken sind… Max Beckmann war mein Dialogpartner: Die Grundstimmung seiner Bilder, den Sound, den ich darin wahrnehme, lasse ich in meine Improvisation einfließen.“
Der Brühler Musiker Sebastian Reimann (*1967 in Konstanz) füllt den Ausstellungsraum „Die Hölle“ mit einem Geigensolo und seiner Loop Station. Beim Improvisieren über die mit den Arbeiten aus 1919 entstandenen Druckgrafiken war ihm wichtig, spontan und mit hohem Risiko einen Ausdruck dafür zu finden, was er selbst empfand, als er die Bilder betrachtete: „Ich wollte Beckmanns Grafiken jeweils Schicht um Schicht entdecken, immer tiefer in die Bilder einsteigen: Deshalb schien mir eine Loop Station, mit der ich mir verschiedene Atmosphären auf Wiedervorlage legte und in die Improvisation einbaute, sehr geeignet. Die Verarbeitung des Krieges im Werk „Die Hölle“ von Max Beckmann finde ich auch für meine Generation sehr wichtig. Ich kenne die Geschichten von Kriegserlebnissen nur durch meine Großeltern, wie schmerzlich und hart diese Zeit war und heute so weit weg erscheint… Die Themenbreite im Ausstellungsbereich hat mich fasziniert: vom Tanzlokal über die Heimkehrer auf der Straße bis hin zu den Versehrten.“
Weitere Informationen: Max Ernst Museum