Der Kulturbetrieb ist ein Konfliktherd, das zeigte die documenta fifteen wie unter einem Brennglas. Doch während der Antisemitismus der Künstler*innen aus dem Ausland wochenlang diskutiert wurde, trat eine andere Debatte in den Hintergrund: Der Umgang mit deutschem Kapital und Besitz aus der NS-Zeit. Die Verfolgung, Enteignung und Ermordung von Jüdinnen und Juden wirkt auch in der Kunstwelt nach: Unzählige Kunstwerke wurden ihren jüdischen Eigentümer*innen entrissen und in den Besitz öffentlicher Museen und privater Händler gebracht. Mit diesem Nazi-Erbe gehen Kulturinstitutionen, Einzelpersonen und Galerien jedoch selten transparent um.
Dabei sind die antisemitischen Kontinuitäten in der Kunstwelt zahlreich und deutlich. Sie reichen etwa von der #Nazihintergrund-Debatte um Erb*innen und Kunstsammler*innen, über die NS-Geschichte der documenta und die Verharmlosung antisemitischer und rechtspopulistischer Spender für das Berliner Humboldt-Forum bis hin zu antisemitischen Werken an Orten wie der Staatlichen Kunstsammlung Dresden.
Mit einem digitalen Podium will die Bildungsstätte Anne Frank die Auswirkungen von Nazi-Erbe und Antisemitismus auf kuratorische und institutionelle Praktiken in der deutschen Kunst- und Kulturlandschaft diskutieren: Wie profitiert die gegenwärtige Kulturelite von NS-Kapital? Wie gehen Kulturinstitutionen mit Forderungen nach Aufarbeitung und Wiedergutmachung um? Wer wird wie in Diskurse und kuratorische Konzepte eingebunden? Und schließlich: gibt es überhaupt einen in die kulturelle Arbeitspraxis hineinwirkenden Umgang mit dem Nazi-Erbe, der über das reine Besprechen von Antisemitismus hinausreicht?
Mit:
- Raphael Gross, Präsident der Stiftung Deutsches Historisches Museum
- Leon Kahane, Künstler
- Gürsoy Doğtaş, Kurator und Autor
Moderation: Saskia Trebing, Monopol Magazin
Mehr unter: www.bs-anne-frank.de