Der große Bildhauer und Architekt Gian Lorenzo Bernini (1598–1680) prägte mit seinen Gebäuden und Brunnenanlagen das Erscheinungsbild der Stadt Rom nachhaltig. Seine berühmten Skulpturen wurden zum Inbegriff des Barock. Im Laufe seines Lebens arbeitete Bernini für acht Päpste, besonders eng war seine Verbindung jedoch zu Alexander VII. Chigi. Für ihn schuf er nicht nur die Kolonnaden des Petersplatzes oder sein monumentales Grabmal, sondern auch sehr intime Kunstwerke. Eines davon galt bisher als verschollen, wurde nun aber in der Skulpturensammlung wiederentdeckt – ein aufregender Fund mit einer faszinierenden Geschichte.

Bei dem ungewöhnlichen Meisterwerk handelt es sich um einen äußerst eindrucksvollen, lebensgroßen Totenkopf aus weißem Carrara-Marmor. Er ist so realistisch gestaltet, dass man ihn fast für einen echten menschlichen Schädel halten könnte. Dieser Totenkopf wurde von Alexander VII., sofort nach seiner Wahl zum Papst 1655 bei Bernini bestellt, und lag fortan bei ihm auf dem Schreibtisch, um ihn an die Fragilität der menschlichen Existenz zu erinnern. Nach dem Tod Alexanders VII. ging der Schädel in den Besitz seines Neffen über, der ein bedeutender Antikensammler war. 1728 wurde diese Sammlung, die im Besitz der Familie Chigi geblieben war, für August den Starken gekauft. Auf diesem Wege kamen 164 antike Skulpturen und vier zeitgenössische Werke nach Dresden.

Eines dieser „modernen“ Werke wurde in der dem Kauf vorangehenden Korrespondenz als „Una celebre testa di Morto, opera del Cav[alie]r Bernini“ („Ein berühmter Totenkopf, Werk des Ritters Bernini“) bezeichnet. Dank sorgfältiger Recherchen kann nun bewiesen werden, dass es dieser „berühmte Totenkopf“ war, der 1728 nach Dresden kam, und dass er tatsächlich eine Schöpfung von Bernini ist.

Im 17. Jahrhundert war plötzliches und oft gewaltsames Sterben allgegenwärtig, weshalb sich die Menschen sehr intensiv mit dem Tod beschäftigten. Nicht nur Kriege oder Überfälle, sondern vor allem Krankheiten waren eine ständige Bedrohung. 1656 brach die Pest in Rom aus und es ist bemerkenswert, wie sehr die Maßnahmen, mit denen Alexander VII. die Epidemie bekämpfen ließ (Quarantäne, Masken und das weitgehende Stilllegen des öffentlichen Lebens), jenen gleichen, die heute unseren Corona-Alltag bestimmen. Auch der Tod ist durch die gegenwärtige Situation wieder stärker im Bewusstsein der Menschen präsent und Berninis Totenkopf erweist sich somit als ein memento mori von außerordentlicher Aktualität.

Weitere Informationen: Staatliche Kunstsammlungen Dresden

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