Die „Flémaller Tafeln“ sind frühe Beispiele einer „technischen Revolution“: Sie sind mit Ölfarben gemalt, was nicht nur einen deckenden Farbauftrag wie in der traditionellen Temperatechnik ermöglicht, sondern auch die Nutzung transparenter Lasuren. So wird nicht nur der Farbauftrag vollkommen vereinheitlicht, sondern es lassen sich nun erstmals auch die unterschiedlichsten Materialien in augentäuschend genauer Art und Weise wiedergeben.
Wie malt man ein Unwetter? In seinem „Buch von der Malerei“ hat Leonardo da Vinci auch dazu Ratschläge gegeben. Der Franzose Nicolas Poussin, der Leonardos Lehrbuch genau kannte, hat hier vieles umgesetzt: Der Sturm biegt Buschwerk und Bäume um, ja selbst die Menschen müssen sich mit äußerster Kraft gegen ihn stemmen, während sie Schutz vor dem Gewitter suchen. Jeder Betrachter sieht daher sofort, von wo das Unwetter aufzieht.
Doch Poussin belässt es nicht bei einem bloßen Sturmgemälde: Er verbindet seine Gewitterlandschaft mit der bekannten Geschichte von Pyramus und Thisbe aus Ovids Metamorphosen und lässt das tumultarische Wettergeschehen das innere Erleben der Thisbe widerspiegeln. Im Vordergrund sehen wir just jenen Schreckensmoment, in dem Thisbe den sterbenden Pyramus entdeckt. Ihr Geliebter hat sich selbst sein Schwert in den Leib gestoßen, weil er glaubte, Thisbe sei von einem Löwen angefallen worden. Verzweifelt die Arme ausbreitend, wirft sich Thisbe gegen den Wind, um sich selbst über dem toten Pyramus zu entleiben. Das wie der Großteil von Poussins Werken in Rom entstandene Gemälde ist nicht nur mit Blick auf das Format das größte Landschaftsbild des Malers. Es ist zugleich eine geniale Verbindung von Naturschilderung und mythischer Erzählung.
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