An Erwin Wurm führt 2017 kein Weg vorbei. Er ist international in mehreren großen Ausstellungen vertreten und bespielt neben Brigitte Kowanz den Österreichischen Pavillon bei der Kunstbiennale in Venedig. Das 21er Haus zeigt ab Juni seine performativen Skulpturen und Plastiken.
Erwin Wurm ergründet seit über 30 Jahren die Ausdrucksmöglichkeiten der Bildhauerei. Sein vielfältiges, tiefgründiges und zugleich ironisches Œuvre umfasst nahezu alle Gattungen und erweitert den Skulpturbegriff um interaktive, soziale sowie zeitliche Aspekte. Selbst das Folgen von Handlungsanweisungen kann bei Wurm zur Skulptur werden. In der Radikalität seines Strebens nach Ausdehnung der herkömmlichen Kategorisierungen erinnert Erwin Wurm an Marcel Duchamp, der das experimentelle, visuelle Denken zum künstlerischen Programm erklärte und damit der Kunst neue Wege öffnete.
Um 1990 fand der Künstler mit den Performativen Skulpturen – ein Begriff, den Wurm für sich allein beansprucht – eine neue Ausdrucksform. Die Einzelausstellung im 21er Haus umfasst rund 40 performative Skulpturen und Plastiken, darunter eine Reihe neuer Werke, die Wurm eigens für die Schau erarbeitet hat. In seinen jüngsten Arbeiten setzt sich Erwin Wurm mit herausragenden Beispielen der Architektur und Objekten des täglichen Gebrauchs auseinander. Ausgangsbasis sind Modelle und Blöcke aus Ton, die in der Regel von Wurm selbst oder von Personen, die er instruierte, gezielt bearbeitet werden. Spannung entsteht im Dialog zwischen der Urform und den Spuren, die die performativen Eingriffe hinterlassen. Der Körper wird dabei zum Material und Medium von Handlungsvollzügen. Den Werken aus Ton stehen in der Ausstellung Abgüsse aus Bronze, Aluminium, Eisen oder Polyester gegenüber.
Erwin Wurm. Edition Hanging Pullover
Ende der 1980er-Jahre begann Erwin Wurm (geb. 1954) Kleidungsstücke als Ausgangsmaterial für seine Skulpturen zu verwenden. Er stülpte Jacken, Hosen, Hemden und dergleichen über Kuben und Zylinder. Die Arbeiten leben von ihrem Bezug zum menschlichen Körper im Kontrast zur Verfremdung durch das Aufzwingen einer geometrischen Form. 1990 entwickelt daraus die Hanging Pullovers, die nicht mehr an ein Objekt gebunden sind, sondern wie Bilder an der Wand hängen, dabei aber durch spezifische Faltung einen skulpturalen Charakter erhalten. Umgekehrt werden Kleidungsstücke auch zusammengelegt und so in Boxen platziert. Zu diesen Werken entstand 2017 das erste Mal eine Anleitung, die mit Zeichnungen und Anmerkungen das Falten für die Betrachter_innen nachvollziehbar macht. Wurm hat in diesen Kleidungs-Werken einerseits die klassischen Methoden der Bildhauerei angedeutet, während er einen Gebrauchsgegenstand zum Kunstwerk macht, indem er ihn seiner Funktion beraubt. Gleichzeitig verlagert er den Fokus weg vom Objekt an sich, hin zum skulpturalen Prozess des Schaffens, den er zudem auch noch potentiell auf die Rezipient_innen überträgt. Erwin Wurm hat 2017 im Rahmen seine Einzelausstellung Performative Skulpturen und der anschließenden Gruppenausstellung Duett mit Künstler_in einen Hanging Pullover für das 21er Haus als Edition neu interpretiert.
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