Körperpflege und Kosmetik im 18. Und 19. Jahrhundert
Im 18. und 19. Jahrhundert gab es eine Vielzahl von Schriften zu Gesundheit und Kosmetik, die Rezepte zur Herstellung von Cremes, Salben, Pomaden, Schminke, Parfums, Wässerchen und so weiter beinhalteten. Die Traktate deckten alles möglich ab: von der Salbe gegen Warzen übers Zahnpulver, duftenden Waschbällen und Haarpuder bis hin zu „roter Schminke“ für Lippen und Wangen. An dieser Stelle entkräften wir gerne noch einmal das gängige Klischee, dass sich die Menschen im 17. und 18. Jahrhundert nicht wuschen und die Körperpflege einzig darin bestanden haben soll, sich einzuparfümieren.
Man hat sich durchaus gepflegt und ebenso Wert auf eine gepflegte Erscheinung gelegt – einzig sah diese Pflege in manchen Aspekten etwas anders aus, als heute. Statt der täglichen Dusche oder dem Vollbad wusch man sich mit Hilfe von Waschschüssel und Schwamm und hielt sich überdies mit dem regelmässigen Wechseln der leinenen Unterwäsche sauber. Und: Viele der historischen Rezepte ergeben auch heute noch wunderbare Körperpflegemittel oder Duftwässerchen!
Handcreme-Rezept von 1805
Ein Beispiel für eine solche Schrift für die Herstellung von kosmetischen Mittelchen ist das Büchlein „Kallopistria oder die Kunst der Toilette für die elegante Welt“ von 1805. Verfasst wurde es vom deutschen Apotheker und Chemiker Johann Bartholomäus Trommsdorff. Auf Seite 169 von Trommsdorffs Büchlein finden wir eine „Pommade, welche den Teint erhält“ und mit der man „des Nachts das Gesicht und die Hände“ überstreichen soll.
Das Grundprinzip einer Creme oder Pommade ist seit Galen gleichgeblieben: Auch die besagte Pommade bei Trommsdorff besteht aus einem Fett- oder Öl-Anteil, Wasser sowie einem Emulgator, der die beiden Komponenten miteinander verbindet.
Das Originalrezept lautet folgendermassen:
„Man lasse in einer zinnernen Pfanne eine Drachme weises Wachs, 2 ½ Drachme Wallrath und zwei Unzen frisches Mandelöl bei gelinden Feuer schmelzen, entferne das Gefäss von dem Feuer und rühre es stark durcheinander, bis es zu erkalten anfängt, dann setze man tropfenweise eine Unze Rosenwasser hinzu, welches man durch ein starkes Durcheinander-Reiben damit zu vereinigen sucht. Mit dieser Pommade überstreicht man des Nachts das Gesicht und die Hände. So dienet es auch zur Auftragung der Schminke.“
Die Gewichtseinheiten lassen den modernen Lesenden stutzen: Drachmen und Unzen sind heute nicht mehr geläufig. Bis zur Einführung des metrischen Systems waren solche Apothekergewichte in Deutschland als obrigkeitlich festgelegte Masseinheiten bis ins 19. Jahrhundert hinein gang und gäbe.
Umgerechnet entspricht eine Drachme einem metrischen Wert von ungefähr 3.5 bis 4 Gramm. Wir rechnen hier mit 3.5 Gramm weiter. Eine Unze wiederum entspricht knapp 30 Gramm.
Auch die Ingredienz „Walrath“ sorgt für Stirnrunzeln. Es handelt sich hierbei um eine fett- und wachshaltige Substanz aus dem Kopf des Pottwals. Dieses Öl wurde für alles Mögliche verwendet: als Lampenöl, Schmiermittel, Imprägniermittel und eben auch in Cremen und Salben. Heutzutage findet man glücklicherweise in der Drogerie synthetisch hergestellten Walrat-Ersatz oder man kann Jojobaöl als Substitut verwenden. Es müssen also keine Pottwale für unsere Pommade respektive Creme dran glauben.
DAS REZEPT:
Die Zutatenliste lautet also:
- 3.5 Gramm Bienenwachs
- 8.5 Gramm Walrat-Ersatz
- 30 Gramm Mandelöl
- 30 Gramm Rosenwasser
Anstelle der zinnernen Pfanne kann man das Wachs, den Walrat-Ersatz und das Mandelöl in einem Glas im Wasserbad langsam erwärmen und zum Schmelzen bringen.
Ist alles geschmolzen und hat sich zu einer homogenen Flüssigkeit vermengt, kann man die Mi-schung kurz ein wenig abkühlen lassen. Danach tröpfelt man das Rosenwasser unter ständigem Rühren in die Mischung, bis sie sich langsam verdickt. Wenn die Mischung ungefähr die Konsistenz von Mayonnaise erreicht hat, füllt man sie in ein entsprechendes Behältnis. Die Pommade respekti-ve Creme wird beim Abkühlen noch etwas fester.
Und fertig ist die „Pommade, welche den Teint erhält“!
Für Personen mit empfindlicher Haut empfiehlt es sich, die Creme ausschliesslich als Handcreme zu benutzen. Da sie keine künstlichen Konservierungsstoffe enthält, bewahrt man sie am besten im Kühlschrank auf und verwendet sie möglichst bald nach der Herstellung.
Weitere Informationen: Museum Aargau