Wie das konservative und kulturell etwas verschlafene Wien des 19. Jahrhunderts um die Jahrhundertwende plötzlich zu einer der kreativsten Metropolen der Welt werden konnte, ist bis heute nicht ganz geklärt. Ein Grund dafür könnte sein, dass im Unterschied zu den vergleichsweise abgeschlossenen beruflichen Gruppen der anderen europäischen Zentren der Zusammenhalt der Geisteselite in der Habsburgerhauptstadt bis kurz nach der Jahrhundertwende sehr stark war. Die Errungenschaften der Moderne konnten sich damit innerhalb kürzester Zeit in allen Lebensbereichen, von Malerei, Literatur und Musik, bis zur Medizin und Rechtssprechung verbreiten und dem angeschlagenen Habsburgerreich ein letztes Mal ein großartiges Aufbäumen bescheren.

In der österreichischen Kunst gilt das Jahr 1897 mit der Gründung der Wiener Secession als Geburtsstunde der Moderne. Neunzehn Künstler traten am 24. Mai 1897 unter der Führung von Gustav Klimt aus dem traditionellen Künstlerhaus aus und gründeten die „Vereinigung bildender Künstler Österreichs, Secession“. Man wollte sich nicht mehr dem vorherrschenden historistischen Geschmack und politischen Willen beugen. Durch die Zeitschrift Ver Sacrum hatte man ein weitreichendes Sprachrohr für die Moderne Kunst, und das 1898 eröffnete Secessions-Gebäude bot jungen Künstlern die Möglichkeit, ihre Werke einem großen Publikum zu präsentieren. Man wollte die Wiener und Wienerinnen aktiv zur modernen Kunst erziehen, organisierte große internationale Ausstellungen und brachte erstmals Künstler wie van Gogh oder die französischen Impressionisten nach Wien. Das ganze Leben sollte mit Kunst durchdrungen werden, das Kunsthandwerk wurde der Malerei und Skulptur als gleichberechtigt gegenübergestellt. Sowohl Architekten als auch Maler setzen ihr Talent immer wieder auch als Designer der verschiedensten Objekte ein. Der Wiener Jugendstil prangte somit bald von Plakatwänden, gestaltete ganze Gotteshäuser und verschönerte Privatwohnungen. Ziel war ein Gesamtkunstwerk, welches das Leben verschönern und den Menschen im besten Fall in einen paradiesischen Zustand versetzen sollte.

Weitere Informationen: LEOPOLD MUSEUM

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