Schon ab dem Mittelalter nahmen jüdische Intellektuelle einen besonderen Platz in arabisch-islamischen und europäisch-christlichen Kulturräumen zwischen Ost und West, Islam und Christentum sowie orientalischen und europäischen Sprachen ein. In der Moderne entwickelten sich diese komplexen Beziehungen weiter, und zwar sowohl als zentraler, innerjüdischer Identitätskomplex als auch als Teil des europäischen, christlichen Bildes des Juden als „dem Anderen“. Dies zeigt sich vor allem mit der philologischen, kulturellen und politischen Entwicklung des „Semiten“ als kulturelle und rassen-ethnische Kategorie. Mit ihrer Entstehung ausgehend von Nordafrika und Nahost als Hauptgebiete europäischen Kolonialismus entwickelt sich die jüdische ambivalente Positionierung in den Bereichen der akademischen Forschung (Orientalistik und Judaistik), Philanthropie und Mission, wie auch Geo-Politik. In meinem Vortrag möchte ich die ambivalente Rolle, die jüdische Intellektuelle als hybride Entitäten zwischen europäisch-christlichen und orientalischen Kulturen spielen, durch ihr dramatisches Wandeln betrachten, von Abraham Geigers, über Franz Rosenzweigs Kritik des Islam, bis zu den kulturellen Konflikten in der gegenwärtigen israelischen Gesellschaft. Prof. Dr. Yossef Schwartz lehrt mittelalterliche und frühneuzeitliche Geistesgeschichte an der Tel Aviv University und ist Direktor der School of Philosophy, Linguistics and Science Studies der TAU.
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